Dennis Kallerhoff, Shopping24 27.03.2018, 10:22 Uhr

"Es ist sinnlos, dass sich Marketer um jedes Keyword kümmern"

Im Suchmaschinen-Marketing wird noch immer mehr Aufwand betrieben als nötig. Die Automatisierung von SEA-Prozessen schafft hier Abhilfe, erklärt Dennis Kallerhoff, Leiter Marketing Operations bei Shopping24.
Dennis Kallerhoff, Leiter Marketing Operations bei Shopping24
(Quelle: Shopping24)
Klassische Suchmaschinen-Werbung (SEA) wird bei den meisten Unternehmen mit hohem manuellem Aufwand betrieben. Ist das noch wirtschaftlich und zielführend, wenn Umsetzungsgeschwindigkeit und direkter Kundenzugang den digitalen Markt prägen? Eine Frage, mit der sich Dennis Kallerhoff beschäftigt. Der Marketing-Experte ist überzeugt, dass ­reaktives Arbeiten, bei dem ein Tool, eine Maschine oder ein Programm die meiste ­Arbeit übernimmt, der bessere Weg ist.

Vor welcher Herausforderung steht die Automatisierung beim SEA?
Dennis Kallerhoff: Eine wichtige Basis des Suchmaschinen-Marketings sind Keywords. Ein Keyword live zu stellen, benötigt mindestens sechs Schritte: Keyword wählen, in die Kontenstruktur einordnen, einen Text schreiben, Zielseite definieren, Gebot berechnen und hochladen. Von Hand durchgeführt, funktioniert dieser Prozess für 100 Keywords, vielleicht auch für 1.000 Keywords. Aber denken wir gross: Unternehmen mit breitem Produktangebot zielen teilweise auf Millionen relevanter Keywords im Konto ab. Die meisten Keywords werden auch hier wenig bis gar keinen Umsatz bringen. Solche Zombie-Keywords müssen auch erkannt werden.

Quelle: CPX
Wie könnten die ersten Schritte hin zur ­Automatisierung aussehen?
Kallerhoff: Es macht keinen Sinn, dass sich ein Marketer proaktiv um jedes Keyword kümmert. Was ist, wenn ein Tool die Keywords mit Texten, Zielseiten, Geboten und anderen relevanten Informationen hochlädt und man nur abwartet, welche Keywords Impressionen bekommen? Ein SEA-Team nimmt lediglich manuelle
Optimierungen vor. Menschen verbessern die Arbeit der Maschine, und zwar reaktiv, an Stellen, wo es Sinn macht. Dabei geht es nicht um die eigentliche Arbeit der Optimierung, sondern um die Frage, wann und wie sich Arbeit clever erledigen lässt.

Wie kommen Unternehmen zu einer solchen Vorstufe der automatisierten Arbeit?
Kallerhoff: Shopping24, eine Produktsuchmaschine mit mehr als 50 Millionen Produkten von 1.000 Online-Shops, hat die Buchung von Keywords über ein Tool automatisiert. Dieses Programm versteht die semantische Bedeutung von SEA-Keywords, bucht diese in die Struktur ein, schreibt Anzeigentexte und lädt alles über eine API hoch. Shopping24 kann so mehr als 50.000 Keywords pro Stunde verarbeiten. 

Die Grundlage ist das Verständnis der Keywords

Ein solches Tool vollumfänglich ­aufzubauen, braucht viel Entwicklungsarbeit. Ist das auch für kleinere Unternehmen umsetzbar?
Kallerhoff: Um die notwendigen Basisprozesse abzubilden, ist überraschend wenig IT-Wissen notwendig. Ein Verständnis der Keywords ist die Grundlage der Automatisierung. Bei der Suchanfrage "Puma Schuhe weiss" sollte "Puma" als Marke, "Schuhe" als Kategorie und "weiss" als Farbe erkannt werden. Mit diesem Wissen können eine Account-Struktur aufgebaut und passende Texte auf Template-Basis geschrieben werden. Ein Online-Shop braucht solche Informationen nicht lange zu suchen. Diese Merkmale liegen bereits als Filteroptionen im Shop vor. Auch Informationen aus IT-Systemen sollten hier miteinfliessen.

Wie gestaltet sich die Anwendung in der Praxis bei Google Adwords?
Kallerhoff: Innerhalb von Google Adwords kann ein solcher Erkennungsprozess sehr rudimentär mit Skripten abgebildet werden. Diese übernehmen auch das Einbuchen ins Konto, ohne ein Interface oder den Editor zu nutzen. Nachdem Keywords über Skripte im Konto aktuell sind, kann ein SEA-Team beginnen, Keywords zu optimieren - allerdings nur solche, die die investierte Zeit wert sind.

Was hält Agenturen oder Performance-Marketing-Abteilungen heute davon ab, solche Automatisierungsschritte anzugehen?

Kallerhoff: Uns fehlen die Programmierer, ist die häufigste Antwort. Daher plädiere ich für cross-funktionale Marketing-Teams mit Entwicklern. Kommt die IT nicht zum Marketing, so kommt das Marketing zur IT. Inzwischen gibt es mit Codeschool und Codecademy Online-Kurse, die Wissen spielerisch vermitteln. Erste Automatisierungsschritte und deren Erfolge sind oft schon nach zwei Wochen sichtbar. Werde ich heute nach den wichtigsten Kenntnissen im Marketing gefragt, sage ich "Analytics, Datenauswertungen und Javascript". Andere Marketing-Plattformen werden sehr wahrscheinlich dem Vorbild von Google folgen und Automatisierungen über Skriptsprachen anbieten. Bing hat es bereits angekündigt.

Wie motivieren Sie Unternehmen, die SEA-Automatisierung anzugehen?
Kallerhoff: Der erste Schritt hin zu einer Automatisierung scheint schwierig, ist aber weniger schmerzhaft als weithin ­angenommen. Auch kenne ich kein Unternehmen, das nach der Umstellung zur ­manuellen Arbeit zurückkehren möchte. Fällt der Startschuss zur Automatisierung, ergeben sich danach logische, aufeinander aufbauende Schritte. Dem automatisierten Einbuchen folgt die Auswahl relevanter Keywords auf Basis eines Suchanfragen-berichts. Doch auch dieser Prozess lässt sich ganz leicht automatisieren.




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