Konkurrenz im Internet 24.06.2016, 15:23 Uhr

Preisvorteile im Web bringen Händler zum Kochen

Die Mobilfunker versprechen den Kunden bessere Konditionen beim Online-­Abschluss und verärgern so den Handel. Die Abschaffung der Web-Vorteile ist aber leider utopisch.
(Quelle: gpointstudio-shutterstock)
Als Händler ist man ja Kummer gewohnt, auch mit der Tatsache, dass der Kunde fast immer günstiger wegkommt, wenn er online abschliesst, hat man sich wohl oder übel arrangiert. Als vor wenigen Wochen aber Otelo für den Online-Kanal komplett andere und im Vergleich zu den Angeboten für den statio­nären Handel deutlich leistungsfähigere Tarife vorstellte – da kochte die Händlerseele einmal mehr richtig hoch.
Die Leser von Telecom Handel machten ihrem Ärger auf der Website und auf Facebook Luft, neben Unmut war auch Unverständnis zu lesen. „Gibt Vodafone uns das im Handel an die Hand, verdreifache ich meine Zahlen“, schrieb ein Reseller.
Tatsächlich ist es für die allerwenigsten Händler nachvollziehbar, weshalb es online bei ausnahmslos allen Mobilfunkanbietern bessere Konditionen gibt als im stationären Handel. Zudem werden die Kunden geradezu mit der Nase darauf gestossen, wie eine kurze Recherche auf den Webseiten der Anbieter ergab.
Mitunter blinkt dem Interessenten der Rabatt-Hinweis unübersehbar entgegen, wie auf der Telekom-Seite. Auch bei O2 kommt der Kunde kaum am Online-Vorteil vorbei, Vodafone-Kunden müssen dagegen ein wenig suchen, und selbst dann steht der Preisnachlass nur relativ klein auf der Website.
„Im Web können Kunden ­einfach Tarife vergleichen. ­Deshalb gibt es bei vielen Anbietern ­unterschiedliche Preise“
Hubert Kluske, Geschäftsführer der Mobilcom-Debitel Shop GmbH
Auf die Frage, ob man denn überhaupt im Web günstigere Preise anbieten müsse als am PoS, gab uns Hubert Kluske, Geschäftsführer der Mobilcom-Debitel Shop GmbH, die geradezu entwaffnend ehrliche Antwort: „Selbstverständlich muss man es nicht.“ Weshalb man trotzdem auf der Internet-Seite www.mobilcom-debitel.de satte Rabatte findet, erklärt er mit dem Wettbewerb. „Über das Internet können die Kunden sehr einfach Informationen einholen und Preisvergleiche durchführen. Und aus diesem Grund gibt es bei vielen Anbietern unterschiedliche Preise – sowohl bei Retailern, Telcos als auch Händlern“, sagt er.
Anders ausgedrückt: Weil die anderen es machen, müssen wir es auch tun. Auch von Telefónica kommt eine ähnliche Erklärung. „Kunden, die online nach einem Angebot suchen, sind in der Regel sehr preisbewusst und suchen im Web nach dem für sie besten Angebot“, erklärt Felix Schneider, Manager Propositions and Go to Mass Market bei den Münchnern.

Online-Preisvorteile komplett abschaffen

Mobilcom-Debitel wirbt mit satten Preisnachlässen für einen Vertragsabschluss auf der eigenen Website.
Manfred „Handymanni“ Kremer spricht aus, was viele seiner Fachhandelskollegen denken:  „Es wäre toll, wenn einer den Mut aufbrächte und auf die Online-Rabatte verzichten würde. Dann könnten die anderen Anbieter nachziehen.“ Viel Hoffnung hat er aber nicht, denn er gibt selbst zu, dass das „wohl nicht passieren“ wird. Ganz abwegig ist dieser Gedanke jedoch nicht, denn die Telekom hat mit der jüngsten Einführung der neuen MagentaMobil-Tarife die Preise erhöht – ohne Rücksicht auf irgendwelche Preiskämpfe mit den anderen Anbietern.
Doch wenn es nach den Carriern und Service-Providern geht, ist das Problem der Preisdifferenz zwischen Online und Offline gar kein so grosses. Kunden, die sich online nach Angeboten umsehen, würden diese dann ohnehin nicht am PoS abschliessen, sondern eben im Web. „Am PoS hingegen möchten sich die Kunden beraten lassen und dabei eine Empfehlung für ein optimal auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot bekommen“, sagt Felix Schneider von Telefónica.
Einerseits verweisen die Telcos also auf die unterschiedlichen Kundengruppen der Online-Shopper und der Offline-Käufer. Auf der anderen Seite werden sie nicht müde zu betonen, dass sich zwar viele Kunden online informieren, dann aber doch im Shop kaufen. Beide Aussagen passen aber nicht zusammen, was jeder Händler zu spüren bekommt, wenn einmal mehr ein Kunde im Shop die Preise von der Website einfordert.
Auch bei Telefónica kommt man als Kunde am Internet-Rabatt nur schwer vorbei.
In solchen Situationen soll der Verkäufer auf die Vorteile des Handels verweisen, so der einhellige Rat der Anbieter. „Grundsätzlich punktet der PoS immer durch Service, Beratungsqualität, sofortige Mitnahme“, heisst es von der Deutschen Telekom, und auch Hubert Kluske rät, die Vorteile herauszustellen, „zum Beispiel keine Lieferzeiten, keine Versandgebühren beim Kauf und ein persönlicher Ansprechpartner für die Beratung und auch den Reklamationsfall“.

Herausstellen der Vorteile des stationären Handels

Nicht zu übersehen ist der Online-Vorteil von zehn Prozent auf der Website der Deutschen Telekom.
„Oftmals ergeben sich beim Beratungsgespräch noch Punkte, die dem Kunden über das online recherchierte Angebot ­hinaus wichtig sind, und der Händler kann das Angebot entsprechend passgenau schnüren – möglicherweise verbunden mit einem zusätzlichen Pack, Hardware oder auch Zubehör“, sagt Felix Schneider.
Gute Händler haben damit seit Jahren Erfahrung und können so auch den einen oder anderen Kunden zum Vertragsabschluss im Shop bewegen.
Das gilt vor allem bei eher kleinen Online-Vorteilen oder dem Erlass der Anschlussgebühr. „Bei mehreren Hundert Euro Preisvorteil interessiert es den Kunden aber nicht, was der Händler ihm erzählt“, schimpft ­Händler Kremer. Und er steht damit nicht allein da, auf der Facebook-Seite von Telecom Handel finden sich viele Posts von Resellern, die teilweise verärgert, teilweise aber auch schon resigniert über die Online-Preise klagen. „Ich sehe den Shop-Handel/Filialbetrieb jetzt schon sehr gefährdet. Es wächst einfach eine andere Generation von Kunden heran, die sind mit der digitalen Welt aufgewachsen und scheuen sich nicht, online oder telefonisch abzuschliessen“, sagt User „Onkel Rico“.
Bei Vodafone sind die Online-Vorteile eher dezent ins Angebot eingebaut, komplett darauf verzichten wollen aber auch die Düsseldorfer nicht.
Klare Worte findet auch Händler Selen B., wenn er sagt, „unsere Arbeitsplätze werden zerstört durch solche Preise“. Und weiter: „Ich hasse meinen Job mittlerweile, weil ich gar nicht mehr zur Bedarfsanalyse komme, sondern direkt mit der Einwandbehandlung beginne und erklären muss, warum sich der Kunde für mich entscheiden soll und was meine Leistung eigentlich wert ist.“
Grosser Unmut also bei den Händlern, die in ohnehin schwierigen Zeiten mit sinkender Smartphone-Nachfrage zusätzlich gegen die Online-Kanäle ihrer Mobilfunkanbieter kämpfen müssen. Einen kompletten Verzicht auf die Web-Vorteile wird es dennoch kaum geben, da keiner den ersten Schritt wagt.

Kommentar: Müssen Online-Preise wirklich sein?

Im Grunde schneiden sich die Netzbetreiber und Service-Provider mit den Online-Rabatten ins eigene Fleisch. Natür­lich spart man sich die Provision für den Händler, wenn der Kunde im Internet abschliesst. Cleverer wäre es aber doch, grundsätzlich online und offline dieselben Tarife anzubieten.
Apple macht es mit seinen Produkten vor und verdient sich damit eine goldene Nase. Man kann es als Mobilfunkanbieter zwar nicht ­verhindern, dass ein Online-Vermarkter (oder gar ein irregeleiteter Händler mit eigenem Web-Shop) auf einen Teil seiner Provision verzichtet und einen Tarif zu günstigeren Konditionen anbietet. Es sollte jedoch ein Leichtes sein, zumindest im eigenen Online-Kanal die Preise annähernd gleich zu gestalten.
Auch wenn dies wohl ein Wunschtraum bleiben wird, so wäre es zumindest fair gegenüber den Händlern in ihren Shops, auf exzessive Rabattschlachten mit Vorteilen von 150 Euro und mehr zu verzichten. Jeder halbwegs erfahrene Händler kann den Kunden trotz fünf Euro Online-Nachlass auf die Grundgebühr zum Abschluss im Laden bringen – bei doppeltem Datenvolumen und zehn Euro Vorteil hat er aber keine Chance.



Das könnte Sie auch interessieren