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01.07.2015, 15:35 Uhr

Post-Streik: Chocri rechnet mit 15.000 Euro Schaden

Seit gut drei Wochen läuft der unbefristete Streik bei der Deutschen Post - sehr zum Leidwesen vieler Online-Händler. Chocri und MyMuesli berichten über ihre Erfahrungen.
(Quelle: Fotolia.com / Patrick Meider)
Die Deutsche Post DHL transportiert im Schnitt 3,4 Millionen Pakete täglich und ist damit einer der Logistik-Stützpfeiler für den E-Commerce in Deutschland. Auch der Berliner Schokoladen- und Pralinen-Händler Chocri versendet seine Ware ausschliesslich über die Deutsche Post DHL. Michael Bruck, Geschäftsführender Gesellschafter von Chocri, schildert die Probleme seines Unternehmens durch den Streik.
Sind für Sie als Online-Händler Folgen des Streiks spürbar?
Michael Bruck: Die Folgen des Streiks spüren wir definitiv, denn gerade als Online-Händler sind wir noch viel mehr als beispielsweise der stationäre Handel logistisch in jeder Hinsicht auf die entsprechenden Paket- und Express-Dienstleister angewiesen.
Welche Schwierigkeiten ergeben sich konkret?
Bruck: Probleme treten in vielerlei Hinsicht auf. Im Vergleich zum Geschäft vor dem Streik sind bei uns die Kundenbeschwerden aufgrund von Lieferverzögerungen etwa um ein Drittel gestiegen. Die wesentlichen Schwierigkeiten bei Logistik und Retourenmanagement liegen bei uns einerseits bei einem deutlich erhöhten Verpackungs- und Portoaufwand, der natürlich direkt an uns und nicht am Kunden hängen bleibt. Andererseits viel schwerer wiegt aber bei uns, dass die sich aufstauende und retournierte Ware in der Regel komplett weggeworfen und erneut hergestellt werden muss.
Was bedeutet das genau?
Bruck: Als Hersteller von temperaturempfindlichen Lebensmitteln - Schokoladen, Pralinen, Süssigkeiten - sind wir vom Streik und seinen logistischen Irrungen und Wirrungen doppelt schwer getroffen. Generell versenden wir unsere Produkte bei sommerlichen Temperaturen über 24 Grad zwar mit Kühlakkus. Deren Haltbarkeit ist allerdings ebenfalls nicht unbegrenzt, sondern auf eine normale Versanddauer abgestellt. Kommt zum Streik also noch eine Hitzewelle hinzu, was in der Sommerzeit nicht so ungewöhnlich ist, dann werden sich die wirtschaftlichen Schäden für uns sicherlich nochmals ausweiten. Gerade dieser Punkt "Vernichtung von Lebensmittel" aufgrund des Streiks tut uns auch ein bisschen in der Seele weh, denn uns liegt die Nachhaltigkeit unserer Produkte sehr am Herzen.
Versuchen Sie, über andere Dienstleister den Versand der Bestellungen zu gewährleisten?
Bruck: Derzeit noch nicht, aber wir beobachten Markt und Lage und behalten uns selbstverständlich vor, hier künftig im wörtlichen Sinne mehrgleisig zu fahren beziehungsweise fahren zu lassen.
Informieren Sie Ihre Kunden im Vorfeld über mögliche Lieferverzögerungen?
Bruck: Der mit dem Kundensupport verbundene Aufwand ist für uns ohnehin schon grösser als zuvor. Deshalb mussten wir letztlich auch wirtschaftlich entscheiden, wo wir Kapazitäten erhöhen können. Da der Streik hinlänglich bekannt ist und permanent in den Medien thematisiert wird, haben wir unseren Fokus eher auf die reaktive Betreuung gelegt und verzichten bislang auf proaktive Kommunikationsmassnahmen in diesem Bereich. Letztlich ist dies operativ einfacher zu handhaben und sorgt nicht für unnötige Verunsicherung beim Kunden, denn es sind ja glücklicherweise auch nicht alle Sendungen per se vom Streik betroffen. Manche kommen an, andere nicht. Die Arbeitsbelastung für unseren Kundensupport ist im Vergleich zum Geschäft vor dem Streik aber sicher um das Doppelte gestiegen.
Haben Sie finanziellen Schaden durch den Streik?
Bruck: Ja, den haben wir. Er ist natürlich aufgrund der Vielschichtigkeit der Prozesse, der nach wie vor herrschenden Unsicherheit, wie viele Sendungen nun tatsächlich davon betroffen sind und auch aufgrund des offenen Streikendes sehr schwer zu beziffern. Als Zwischenschadensmeldung zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir von mindestens 15.000 Euro aus, eher mehr, vielleicht sogar deutlich mehr. Seriös lässt sich das jedoch erst beziffern, wenn der Streik tatsächlich beendet und der damit verbundene Rückstau samt aller Auswirkungen abgearbeitet ist.

Mymuesli: Nachdenken über Logistik-Alternativen

Auch bei Mymuesli sind die Folgen des Post-Streiks deutlich spürbar. Der Passauer Shop-Betreiber verschickt Müslis, Müsli-Drinks, Orangen und Kaffee. Alle inländischen Pakete am B-to-C-Bereich verschickt das Unternehmen mit der Deutschen Post DHL. Gründer und Geschäftsführer Max Wittrock kann sich vorstellen, künftig auch auf andere Versanddienstleister zurückzugreifen.
Welche Folgen des Streiks spüren Sie?
Max Wittrock: Wir selbst bekommen seit einiger Zeit keine Brief-Post mehr in unsere Passauer Zentrale. Bei ausgehenden Sendungen von uns ist es sehr unterschiedlich: Die meisten Paketsendungen kommen wie gewohnt an, doch manche Pakete sind schon seit zwei Wochen unterwegs. Die meisten Kunden haben dafür Verständnis, aber natürlich nicht alle. Das Team im Kundensupport versucht, alles gut zu moderieren. Aber wir können leider nur sehen, wo die Sendung hängt, dagegen tun können wir nichts. Das Support-Aufkommen ist natürlich auch gestiegen.
Greifen Sie auf Paketversender zurück, die Sie bislang nicht genutzt haben?
Wittrock: Bei Mymuesli-Produkten nutzen wir derzeit noch DHL, da nach wie vor sehr viele Pakete das Ziel doch irgendwann erreichen. Aber wir beobachten das, insbesondere je länger der Streik andauert. Bei unserem Projekt Oh!Saft.de, bei dem frische Saftorangen per Post geliefert werden, müssen wir das am dringendsten in Erwägung ziehen. Die frischen Früchte müssen schnell zugestellt werden und können nicht noch über Tage zwischengelagert werden. Für unsere Business-Pakete, etwa an Supermärkte, versenden wir schon seit längerem mit trans-o-flex. Die kommen auch wie gewohnt an. 
Wie informieren Sie Ihre Kunden?
Wittrock: Insgesamt ist die Kommunikation nicht einfach, da für uns nicht wirklich transparent ist, welche Pakete in welche Regionen wie lange benötigen. Wir haben auf der Mymuesli-Webseite einen Hinweis, dass in manchen Zustellgebieten Verzögerungen auftreten können, müssen für weitere Informationen aber dann auf die DHL-Seite verweisen.
Verzeichnen Sie Umsatzeinbussen durch den Streik?
Wittrock: Mit Sicherheit, deren Höhe werden wir aber erst nach dem Ende des Streiks evaluieren.
Laut einer Umfrage des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH) rechnen schon jetzt zwei Drittel der Shop-Betreiber mit Umsatzeinbussen durch den Streik. Ein Ende des Post-Streiks ist nicht in Sicht:  Die Verhandlungen sollen am 3. Juli fortgesetzt werden.



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