Point of Sale im Pkw 06.02.2017, 08:15 Uhr

Joint Venture arbeitet an Shopping-Lösung für das Auto

Concardis und IAV wollen ein Joint Venture gründen, um gemeinsam einen Marktplatz im Auto zu betreiben.
(Quelle: Concardis)
Viele namhafte Automobilhersteller ­arbeiten daran, in das Auto sprachgesteuerte Assistenten wie Amazon Alexa (Ford Motor Company), Google Assistant (Mercedes-Benz) oder Microsoft Cortana (BMW) zu integrieren. Und da diese ­Assistenten auch einfache Bestellungen ausführen können, ist absehbar, dass der Pkw in naher Zukunft ein weiterer Kanal im Omnichannel-Handel sein wird.
Auch der Payment-Dienstleister Concardis, der soeben von den Beteiligungsgesellschaften Advent International und Bain Capital Private Equity übernommen wurde, baut eine Shopping-Lösung für das Auto. Gemeinsam mit IAV, einem Spezialisten für Elektronik- und Fahrzeug­entwicklung, stellte Concardis auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas das Marktplatzkonzept "Automotive Marketplace" live in einem Demofahrzeug vor.
Die Lösung verlagert den Point of Sale in das Auto. Konsumenten können die Fahrzeit, gerade über längere Strecken, nutzen, um Einkäufe zu erledigen. Auch bezahlt wird digital. Beim Abholen weist sich der Kunde mit einem QR-Code auf dem Smartphone aus, der ihm nach der Transaktion gesendet wurde, und ­erhält dann seine Ware. "Das Auto wird zum mobilen persönlichen Shop, zum Portemonnaie und zum Ausweis, um die Abholung der Waren zu legitimieren", fasst Marcus W. Mosen, CEO von Concardis, die Idee ­zusammen.

Initiative für den Automotive Marketplace

Die Initiative für den Automotive Marketplace ging bei Concardis von Pietro Hagemann aus. Der Ingenieur für Informatik wechselte vor rund zwölf Monaten als Chief Sales Officer zu dem Payment-Spezialisten. Vorher war er bei internationalen IT-Unternehmen mit der Entwicklung von Cloud-Lösungen befasst. Als Payment Service Provider für den bargeldlosen Bezahlprozess hat Concardis gute Kontakte zum Handel, zur Gastronomiebranche und zu lokalen Dienstleistern. Eigenen Angaben zufolge bedient Concardis 110.000 Kunden an 210.000 Stand­orten. IAV hingegen kennt sich mit Fahrzeug­elektronik sehr gut aus. An IAV sind die Volkswagen AG mit 50 Prozent sowie verschiedene Zulieferer beteiligt.
Autohersteller stehen vor der Herausforderung, dass sie recht wenig über ihre Kunden wissen, denn der Kundenkontakt läuft in der Regel über den Kfz-Handel. In einer Welt, in der Kundendaten eine ­immer wichtigere Rolle spielen, ist ein Marktplatz im Auto ein guter Weg, um mehr über die Autobesitzer herauszufinden. Schliesslich fallen bei jeder Transak­tion Daten an.
Der Marktplatz sei während der CES auf grosses Interesse bei den Automobilherstellern gestossen, berichtet Hagemann. Er ist überzeugt, dass auch auf Handelsseite ­Interesse daran besteht, auf dem Automotive Marketplace gelistet und sichtbar zu sein, schliesslich sei der Handel immer auf der Suche nach neuen Geschäftsmöglichkeiten. Eine Aufgabe des Marktplatzes sei, stationäre und Online-Händler mit Autofahrern zu verbinden.

Drei Anwendungsbeispiele

Concardis und IAV haben drei Anwendungsbeispiele vor Augen:
  • Den Spontankauf: Der Fahrer benötigt unterwegs schnell noch etwas aus einem Geschäft und erfährt über den Marktplatz, wo der nächste Anbieter ist.
  • Eine Wunsch- oder Einkaufsliste: Zu Hause erstellt, wird sie über die Cloud auf den Bildschirm im Auto übertragen. Die Navigationslösung schlägt die beste Route für die Erledigung der Einkäufe vor. Zudem könnte der Marktplatz Autofahrern den Weg zur nächsten Pick-up-Station von online bestellter Ware zeigen.
  • Push-Funktion: Die Händler haben die Möglichkeit, ihre Angebote oder Werbebotschaften an die Marktplatzkunden zu senden, die sich im Umkreis befinden. Dieser Schritt soll erst in einer zweiten Phase verwirklicht werden. Die Kunden bleiben dabei anonym. Der Händler bekommt lediglich einen Überblick darüber, welche "Nachfragepotenziale" es in seiner Nähe gibt, beschreibt Hagemann die Idee.
Für Händler gebe es keine Mindest­voraussetzung für die Teilnahme an dem Marktplatz. Man sei nach allen Seiten ­offen, so der Chief Sales Officer.
Noch ist der Automotive-Marktplatz ein "Proof of Concept", also eine Studie. Deswegen gibt es noch nicht viele konkrete Details. Die Lösung wird über die Cloud verwaltet, gehostet wird sie in Deutschland. Für den Betrieb des Marktplatzes planen Concardis und IAV, ein gemein­sames Unternehmen zu gründen, wann genau, ist noch offen.

Kosten für Händler noch unklar

Auch die Händlergebühren für den Marktplatz stehen noch nicht fest. "Die Tarife sind noch nicht ausdiskutiert", sagt Hagemann. Die Gebühren werden auch davon abhängen, wie die Autohersteller den Marktplatz einsetzen werden.
Bis Mitte des Jahres soll der erste Entwurf der Marktplatzlösung fertig sein. Noch gibt es keine Verträge, weder mit Fahrzeugherstellern noch mit Händlern. Spätestens in zwei Jahren soll die Lösung so weit entwickelt sein, dass sie serienmässig in Pkw eingebaut werden kann, vorher sollen aber schon einzelne Pilotprojekte starten.
Die schnellen Veränderungen in der ­digitalen Einkaufswelt werden an dem rollenden Marktplatz nicht spurlos vorübergehen, ist sich Hagemann sicher: "In zwei Jahren wird der Marktplatz sicherlich ­etwas anders aussehen, als wir ihn uns heute vorstellen."



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