Shopping-Portal in Not
11.08.2022, 09:02 Uhr

Desaströse Zahlen: Ist Wish noch zu retten?

Im 1. Halbjahr 2022 hat die Shopping-Plattform Wish knapp 80 Prozent ihrer Umsätze verloren, auch die Zahl der aktiven Kunden hat sich mehr als halbiert. Für den Absturz gibt es einen Grund, der das gesamte Wish-Geschäftsmodell in Frage stellt.
(Quelle: Wish)
134 Millionen US-Dollar Umsatz erzielte das Shopping-Portal Wish nach eigenen Angaben im 1. Quartal 2022. Gegenüber dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums (656 Millionen Dollar) ist das ein Rückgang von fast 80 Prozent.
Wie schlimm es um Wish tatsächlich steht, zeigt eine andere Zahl aus dem Quartalsbericht: Die laufenden Betriebskosten (Operating Expense) waren mit 133 Millionen Dollar nur einen Hauch niedriger als der Gesamtumsatz. Zwar weisen die Zahlen eine Bruttomarge von 42 Millionen Dollar aus, aber am Ende bleibt ein Verlust von 90 Millionen Dollar.

Lücke im EU-Recht

Das Shopping-Portal, das auf niedrigpreisige Waren aus China und konsumfreudige, junge Impulskäufer aus dem Westen setzt, lebte bislang in Europa von einer Ausnahmereglung im EU-Steuerrecht: Auf Sendungen mit einem Wert von weniger als 22 Euro wurde keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben - und für 22 Euro kann man schon viele elektronische Gadgets, Billigtextilien oder Modeschmuck aus dem Reich der Mitte verkaufen. Konkurrenzlos günstige Versandkosten durch Chinas Sonderstellung im Weltpostverein taten ein Übriges, um das Shoppen per Handy in der bunten Welt der Billigware aus China attraktiv zu machen.
Der Wegfall der 22-Euro-Ausnahmeregelung ab dem 1. Juli 2021 entzog diesem Geschäftsmodell auf einen Schlag seine wichtigste Stärke: Wenn man die chinesischen Billigwaren alle noch einmal versteuern muss, sind sie längst nicht mehr so billig, zudem lassen sich deutsche Paketversender das Erheben der Einfuhrumsatzsteuer mit einer zusätzlichen Pauschalgebühr vergüten.

Fast 950 Millionen in Reserve

Bereits im 4. Quartal 2021 musste Wish einen Rückgang der monatlich aktiven Nutzer (MAUs) um über 60 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum vermelden. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass der Boden der Abwärtsentwicklung noch nicht erreicht ist.  Allerdings verfügt Wish nach eigenen Angaben noch über beträchtliche Kapitalreserven von fast 950 Milliarden US-Dollar, so dass noch einige Quartale mit schlechten Zahlen überlebt werden können.
Jetzt präsentierte das Portal, das 2010 in San Fancisco von Piotr Szulczewski und Danny Zhang gegründet wurde, einen neuen, überarbeiteten optischen Auftritt (siehe Aufmacherbild). Versprochen werden ein besserer Versandservice und ein neues Pricing. Erst kürzlich hatte Wish aufgrund von Abmahnungen europäischer Verbraucherschützer angekündigt, in Zukunft Preise korrekt und transparent anzuzeigen. Ob das Geschäftsmodell insgesamt für eine profitable Zukunft taugt, muss sich indes erst noch zeigen.



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