Interview mit Tim Danker 08.07.2020, 08:30 Uhr

Wie bezahlt die Welt? Ein Überblick über die Vorlieben der Kontinente

Welche Aspekte für ein global erfolgreiches Payment wesentlich sind, erklärt Tim Danker, Senior Consultant bei Osthaven, im Interview. Vor allem die USA sind Danker zufolge für Payment-Dienstleister eine Herausforderung.
Tim Danker, Senior Consultant bei Osthaven
(Quelle: Osthaven)
Wer als Händler online erfolgreich sein will, darf den Blick über den Tellerrand nicht scheuen. Payment als letzter Schritt im Kaufprozess ist dabei ein wesentlicher Punkt, den Händler im Blick behalten sollten. Tim Danker, Senior Consultant bei Osthaven, einer spezialisierten Unternehmensberatung für den Payment- und Banking-Bereich, berät Kunden aus dem In- und Ausland und erzählt im Interview, welche Aspekte für ein global erfolgreiches Payment wesentlich sind.
 
Europa, USA, Asien - wo liegen die grössten Unterschiede in den Bezahlvorlieben?
Tim Danker: Die grossen Unterschiede in den Bezahlvorlieben auf den verschiedenen Kontinenten kommen vor allem auf Grund der unterschiedlichen Historien und gesellschaftlichen Gegebenheiten zu Stande. So sind die USA beispielsweise die Vorreiter im Bereich Kreditkarten und diese werden dort in erheblichem Masse auch als Finanzierungsprodukt für Konsumentenkredite genutzt. Europa ist insgesamt sehr heterogen und hat zwischen den einzelnen Ländern beträchtliche Unterschiede. Vereint ist man jedoch in starkem Masse durch die MIF-Regulierung, den SEPA-Raum und die darauf basierenden Bezahlmöglichkeiten. Asien und China insbesondere haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und mit AliPay und WeChatPay sind hier gesamte Ökosysteme neu entstanden, wo Wirtschaft und das dazugehörige Payment gemeinsam gewachsen sind. AliPay und WeChatPay sind dabei nicht einfach nur Ökosysteme zum Bezahlen, sondern Soziale Netzwerke in denen Shops, Loyalty, Bezahlen und vieles mehr tief integriert ist.
Wer noch detaillierter erfahren will, wie der optimale internationale Payment Mix aussehen sollte, wird auf dem Payment Summit am 20. und 21. Oktober 2020 in Hamburg fündig. Hier gibt Tim Danker noch weitere Insights.
Quelle: Ebner Media Group
Was sind die grössten Irrtümer, denen Händler beim Payment-Mix mit Blick auf Asien und USA unterliegen?
Danker: In Asien ist sicherlich ein Irrtum dass man asiatische Bezahlmethoden ebenbürtig mit europäischen Zahlungsanbietern problemlos umsetzen kann. Wenn man hier erfolgreich sein möchte, dann kommt man selten um die Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern herum oder zumindest mit Anbietern mit lokalen Standorten. In vielen Fällen sind lokale Beziehungen von enormen Wert. Asien ist zudem im direkten Vergleich zu Europa sehr viel fragmentierter mit deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern und vielen lokalen Besonderheiten.
Die USA sind insbesondere für Payment-Dienstleister eine Herausforderung, da es hier je nach Geschäftsmodell notwendig werden kann in allen 50 Bundesstaaten eine Lizenz zu beantragen, etwa beim Geschäft mit der Konsumentenseite, also der Ausgabe von Zahlungsinstrumenten. Für europäische Händler, die Geschäft ausserhalb Europas tätigen wollen, ist grundsätzlich zu beachten, dass Mastercard und Visa die Welt in Regionen eingeteilt haben. Acquirer haben typischerweise für eine Region oder ggf. nur ein Land eine Lizenz. Will man mit einem Acquirer nun Kunden erreichen, die ausserhalb des Lizenzgebiets des Acquirers liegen, muss man als Händler entweder auf sogenannte cross-border Transaktionen setzen, die typischerweise mit Aufschlägen für den Kunden und teils auch für den Händler einhergehen sowie eine schlechtere Conversion Rate aufweisen. Die andere Möglichkeit ist, dass man mit Dienstleistern zusammenarbeitet, die entsprechende Tochterfirmen oder Kooperationspartner in den entsprechenden Ländern haben, um die Zahlungen entsprechend lokal abwickeln zu können.

Corona und das internationale Payment

Hat Corona auch das internationale Payment verändert?
Danker: Erste Studien zeigen, dass bargeldlose Bezahlmethoden weltweit gewachsen sind auf Grund der gestiegenen Aufmerksamkeit, die Verbrauchern der Hygiene beim Bezahlen zukommen lassen. Corona hat also einen weltweiten Trend noch weiter beschleunigt. Dies wird vermutlich in Ländern, die bisher eher als Bargeldland galten - wie zum Beispiel Deutschland - stärker zu spüren sein, als in Ländern in denen bargeldloses Bezahlen schon vor Corona eine Selbstverständlichkeit war. Grundsätzlich gibt es in jedem Fall einen weiter verstärkten Trend von PoS zu E-Commerce. Einen besonderen Push hat sicherlich auch das durch Corona verursachte Anheben des "NO CVM Limits" gebracht, was vor allem zu einem stärkeren Zuwachs bei kontaktlosen Zahlungen geführt hat.
 
Viele haben Afrika nicht so im Fokus, wenn es Payment-Varianten geht. Was ist hier zu beachten?

Danker: Zunächst einmal ist Afrika ein riesiger Kontinent und beheimatet noch mehr Länder als Europa mit teils sehr unterschiedlichem Entwicklungsstand und einer riesigen Bevölkerung. Besonders in Afrika ist sicherlich, dass im Vergleich zu westlichen und asiatischen Ländern nur ein geringer Teil der Bevölkerung Zugang zu einem Bankkonto und gegebenenfalls damit verbundenen Bezahlinstrumenten hat. In Afrika und in ähnlicher Form auch in Indien sind Mobiltelefone deutlich verbreiteter als Zugang zu Bankkonten. Dementsprechend verbreiten sich dort vor allem Bezahlmöglichkeiten, die auf Mobiltelefonen basieren oder zumindest damit kompatibel sind. Dies sind insbesondere P2P-Bezahlverfahren, die auch sehr stark von für Zahlungen zwischen Kunden und Micro Merchants genutzt werden.

Dunja Koelwel
Autor(in) Dunja Koelwel



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