Hardware 15.10.2018, 13:35 Uhr

Test: Samsung Galaxy Tab S4

Samsungs Angriff auf die Produktivitäts-Tablets von Apple und Microsoft ist spannend, aber noch nicht ganz schlagkräftig genug.
Samsung liefert mit dem Galaxy Tab S4 seine Version des Produktivitäts-Tablets, wie das Apple mit dem iPad Pro und Microsoft mit der Surface-Reihe getan haben. Das Galaxy Tab S4 orientiert sich stärker an Apple als an Microsoft. Es ist ein Android-Tablet mit einem speziellen Desktop-Modus namens DeX. Auch preislich und in Sachen Power liegt das Tab S4 mehr im Bereich iPad Pro als beim Surface Pro. Das Surface Go wäre ein besserer Vergleich aus dem Hause Microsoft.
So wird das Galaxy Tab S4 geliefert
Quelle: Samsung

Software

Das Galaxy Tab S4 läuft nativ auf Android mit der üblichen Samsung-Oberfläche. Sie erhalten also ein übliches Android-Erlebnis in 10,5 Zoll mit all den bekannten Apps und Features. Das Galaxy Tab S4 lässt sich aber auch in den DeX-Modus schalten. Entweder per Einstellungen oder durch das Anschliessen einer Tastatur. DeX soll eine Desktop-Erfahrung unter dem gleichen Android-System bieten.
Reguläres Samsung-Android gibt es beim Galaxy Tab S4 auch
Quelle: Screenshot / NMGZ
Wechselt man in den DeX-Modus, begrüsst einen ein bekanntes Bild: linksbündig angeordnete App-Icons und eine Taskleiste am unteren Rand. Letztere ist sogar gleich angeordnet wie in Windows: links der App-Drawer (analog zum Startmenü), dann die aktiven Apps und zuletzt der Infobalken für Benachrichtigungen und Info-Anzeigen wie WLAN-Status oder Akkuladung. Alles sehr Windows-artig.
Wirklich spannend wird es aber erst im DeX-Modus
Quelle: Screenshot / NMGZ
Ohne die separat erhältliche Tastaturhülle Folio nützt der DeX-Modus jedoch eher weniger. Zwar lässt sich DeX auch per Touch bedienen, macht aber dabei einen deutlich schlechteren Job als ein reguläres Android. Macht auch Sinn, schliesslich wurde DeX als Desktop-Erlebnis konzipiert. Da die Tastaturhülle jedoch ohne Touchpad daherkommt, ist eine Android-kompatible Bluetooth-Maus empfehlenswert. Alternativ kann der mitgelieferte S Pen für die nötige Präzision verwendet werden.
Grundsätzlich ist DeX gut gestaltet und einfach zu bedienen. Die meisten Menüs und Aktionen machen für Windows-Nutzer Sinn. Ausgenommen vielleicht das bizarre Benachrichtigungs-Panel im Infobereich. Wo die Oberfläche Mühe bekundet, ist bei den Apps selbst. Android-Apps sind nicht per se für bewegliche Fenster designt. Das führt immer mal wieder zu kleineren und grösseren Problemen. Einige Apps skalieren nicht richtig mit dem Fenster, andere Apps stürzen ab. Insgesamt ist das Nutzererlebnis schlicht weniger stabil als bei anderen Tablets oder beim Tab S4 im herkömmlichen Android-Modus.
Etwas merkwürdig ist auch das Aktivieren und Deaktivieren von DeX. Das geschieht nicht einfach über ein Icon oder eine App, sondern über die Einstellungen. So braucht man also mehrere Arbeitsschritte, um zwischen DeX und Samsung Experience hin- und herzuwechseln. Dabei werden sämtliche offenen Apps geschlossen und es verstreichen zwei bis drei Sekunden.

Peripherie

Produktivität braucht neben einer entsprechenden Oberfläche auch eine passende Hardware. Wichtig für die meisten Businessleute und Kreative ist eine solide Tastatur und ein Zeigegerät. Im Lieferumfang enthalten ist der S Pen, ein Stylus für mehr Präzision und intuitive Eingaben per Handschrift. Der Stylus läuft ohne Batterie und wirkt nicht besonders stabil. Funktional ist er aber in Ordnung. Sicherlich keine Wahl für Künstler, aber zweckmässig für Notizen, Markierungen und zum Antippen von Buttons.
Nicht im Standardlieferumfang enthalten ist die Tastaturhülle Folio. Wie auch beim Microsoft Surface, macht das Tab S4 aber ohne Tastatur wenig Sinn. Empfehlen können wir Samsungs Folio aber kaum. Als Tabletständer macht Folio einen guten Job, als Tastatur jedoch weniger. Die Tasten des Folios sind winzig und einige Sondertasten sogar noch winziger. Interessanterweise gehören «Shift» (links), «Tabulator» und «ä» zu den Tasten in halber Grösse. Gerade im Fall von Shift eine bizarre Entscheidung. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die rechte Shift-Taste grösser ist als der Rest. Die Zahlenreihe ist ebenfalls kleiner gehalten als die restlichen Tasten.
Mit Folio macht das Galaxy Tab S4 noch mehr Sinn, auch wenn die Tastatur eher mässig ist
Quelle: Samsung
Neben den üblichen Steuerungstasten «Ctrl», «Alt» und «Alt Gr» gibt es die Suchtaste, die im DeX-Modus eine Art Windows-Taste simuliert und in normalem Android die Suchfunktion öffnet. Gleich daneben liegt eine Taste, mit der man die Bildschirmtastatur einblenden kann. Direkt rechts neben der Leertaste gibt es eine «Lang»-Taste zum Ändern der Eingabesprache. Warum diese beiden Funktionen eine eigene Taste brauchen, ist ein wenig rätselhaft, hat aber am ehesten damit zu tun, dass die Tastatur nicht nur mit DeX, sondern auch in der regulären Android-Oberfläche funktionieren soll.
Insgesamt bietet die Tastaturhülle des Galaxy Tab S4 ein eher verkrampftes Tippgefühl und einige merkwürdige Design-Entscheidungen. Dass man dafür noch extra zahlen muss, macht den Deal nicht gerade besser.

Hardware

Doch wie sieht es mit der Hardware aus? Auf dem Papier nicht besonders gut. In der Praxis besser als erwartet. Der verbaute Snapdragon 835 ist nicht mehr ganz taufrisch und auch die 4 GB RAM hauen wahrlich niemanden mehr vom Hocker. Allerdings merkt man davon im Gebrauch absolut nichts. Apps öffnen sich flott und auch im DeX-Modus laufen problemlos mehrere Apps gleichzeitig. Den einen oder anderen Hänger gibt es hie und da mal. Aber nichts, das besonders negativ auffallen würde.
64 GB Nutzspeicher sind für ein Tablet gut, für eine Arbeitsmaschine aber knapp. Immerhin lässt sich der Speicher per microSD-Karte um bis zu 400 GB erweitern. Grundsätzlich gäbe es eine weitere Variante des Tab S4 mit 256 GB internem Speicher. Diese ist aber in der Schweiz nicht erhältlich. Für einen Aufpreis von rund 130 Franken gibt es ausserdem eine LTE-Version des Tab S4.
Für Multitasking ist DeX ideal
Quelle: Screenshot / NMGZ
Ein Highlight des Galaxy Tab S4 ist das Display. 10,5 Zoll ist zwar für einige Arbeiten etwas knapp, aber dafür unglaublich handlich. Und mit einer Auflösung von 2560 × 1600 Pixeln (287 ppi) liefert das Display eine sehr ansprechende Auflösung. Auch farblich weiss das Super-Amoled-Display zu überzeugen. Satte Farben, starke Kontraste und genug hell für draussen und drinnen. Das in einem Gesamtpaket von unter 25 cm Länge, rund 16,4 cm Breite und nur 0,7 cm Dicke. Kampfgewicht: 482 Gramm.
Alles ideale Werte für unterwegs und wenn wir schon bei unterwegs sind: Das Galaxy Tab S4 hat einen ausgezeichneten Akku. Bei regulären Büroarbeiten hält das Tab S4 zwei ganze Arbeitstage durch, ohne laden zu müssen. Das sind also etwas über 16 Stunden Saft. Belastet man den Chip härter, beispielsweise mit Videos oder Bildbearbeitung, geht dem S4 die Puste etwas schneller aus. Aber immer noch langsamer als dem iPad. Und die Surface-Reihe hat mit zweistelligen Akkulaufzeiten sowieso gar nichts am Hut.

Fazit

Das Konzept von DeX ist spannend und könnte durchaus eine neue Zukunft für Android-Geräte bedeuten. Allerdings merkt man noch deutlich die Probleme mit Apps, die für eine andere Oberfläche entwickelt wurden. Ähnlich wie bei Chrome OS führt das zu einem schlechteren Nutzererlebnis als bei Geräten mit einem einzigen OS-Stil. Die Hardware leistet genug, der Speicher reicht aus und der Akku scheint endlos. Aber für den doch stolzen Kaufpreis von rund 650 Franken (780 Franken mit LTE) erwartet man mehr als «ausreichend». Vor allem, wenn die Tastaturhülle erstens schlecht und zweitens nicht im Preis inbegriffen ist.
Samsung Galaxy Tab S4
Positiv: Display, Akkulaufzeit, Desktop-Konzept
Negativ: Preis, Tastaturhülle Folio, unausgereifter Desktop-Modus
Details: 10,5-Zoll-Display (2560 × 1600), Snapdragon 835 (2,35 + 1,9 GHz), 4 GB RAM, 64 GB Nutzspeicher (erweiterbar), Android O, USB-C 3.1, 7300 mAh Akku, 24,9 × 16,4 × 0,7 cm, 482 g
Strassenpreis: Fr. 649.–
Info: samsung.ch



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