Einstiegsdroge 03.08.2020, 11:11 Uhr

Test: Apple MacBook Air (2020)

Das MacBook Air ist das Apple-Notebook schlechthin und lockt nicht nur mit seinem Preis.
Das beliebteste Notebook von Apple – aus guten Gründen
(Quelle: Apple, Inc.)
Als Steve Jobs am 15. Januar 2008 auf der Bühne das erste MacBook Air aus einem Umschlag zog, avancierte das Gerät fast über Nacht zum beliebtesten Apple-Notebook überhaupt. Das ikonische, keilförmige Äussere wurde bis heute oft kopiert. Aber das Gerät als Gesamtpaket blieb unerreicht.
Mit dem Modell 2020 frischt Apple das MacBook Air markant auf und macht ausserdem einen Fehler rückgängig, namentlich die gescheiterte Tastatur des unmittelbaren Vorgängers. Geblieben ist hingegen der sympathische Formfaktor, aber nichts anderes war zu erwarten: Ihn zu ändern, wäre natürlich eine Eselei.
Das MacBook Air ist – wie könnte es anders sein – steinsolide verarbeitet. Das Gehäuse aus einer Aluminium-Legierung macht sofort klar, dass beim Einsteiger-Notebook keine Kompromisse gemacht wurden. Der Deckel mit dem Display lässt sich einhändig öffnen, ohne dass der untere Teil abhebt. Alles ist so, wie es sein soll.

Allzweckwaffe Thunderbolt

Neben der Klinkenbuchse rechts bietet das MacBook Air zwei Thunderbolt-3-Anschlüsse auf der linken Seite – und die haben es in sich! Sie kommen im USB-C-Formfaktor und sind natürlich auch mit diesem Standard kompatibel, genauer: mit USB 3.1 der zweiten Generation und mit einer Datenübertragung von bis zu 10 Gbit pro Sekunde. Über diese Thunderbolt-3-Schnittstelle sind sogar Datenübertragungen von 40 Gbit pro Sekunde möglich, wenn zum Beispiel ein RAID angeschlossen wird. Doch das ist für die Zielgruppe wohl kaum von Interesse.
Über Thunderbolt 3 lässt sich praktisch alles anschliessen, was auch nur im Entferntesten relevant ist
Quelle: PCtipp.ch
Wichtiger ist, dass über Thunderbolt 3 jeder wichtige Anschluss adaptiert werden kann, etwa DisplayPort oder HDMI für externe Bildschirme. Dabei stemmt der kleine Rechner ein weiteres Display in 6K-Auflösung (!) oder zwei 4K-Displays, immer mit jeweils 60 Hertz. Für alle anderen Geräte wie USB-Sticks, SD-Karten, alte VGA-Projektoren und mehr bieten Apple und unzählige Drittanbieter die passenden Adapter an.
Das MacBook Air wird über diese Anschlüsse ausserdem geladen; welcher Anschluss mit dem Netzteil verbunden wird, spielt keine Rolle – und das ist bei Notebooks aus der Windows-Welt eine sehr seltene Eigenschaft.

Display und Kamera

Das Display durchmisst 13,3 Zoll bei einer Auflösung von 2560×1600 Pixeln, was einer Dichte von 227 ppi entspricht. Die Oberfläche ist nicht matt, aber hervorragend entspiegelt. Zusammen mit den kräftigen Farben und den ausgewogenen Kontrasten entsteht in dieser Notebook-Klasse ein Bild, das über jeden Zweifel erhaben ist.
Das Display arbeitet ausserdem mit Apples True-Tone-Technologie, bei der die Farbtemperatur an jene der Umgebung angepasst wird. Das führt gerade am Abend oder im Dämmerlicht zu einer wärmeren, sehr angenehmen Darstellung, an die sich die Augen noch so gerne gewöhnen. Für Arbeiten, bei denen es auf höchste Farbtreue ankommt, lässt sich True Tone natürlich ausschalten.
Mit der integrierten Webcam kommt auch der einzige wirkliche Kritikpunkt. Vielleicht hätte ich ihr vor einem Jahr keine grosse Bedeutung zugemessen, doch heute sind Video-Chats wichtiger denn je. Und so bietet die Face-Time-Kamera (Marketing-Sprech von Apple) gerade einmal eine Auflösung von 720p, was im Zeitalter der hochauflösenden Displays nicht mehr zu entschuldigen ist. Natürlich lassen sich externe Kameras und neuerdings sogar professionelle Systemkameras anschliessen; doch die Fummelei, die damit einhergeht, entspricht nicht dem Charakter dieses feinen Notebooks.

Tastatur, Verschlüsselung und Leistung

Mit dem MacBook Air 2020 macht Apple einen Fehler rückgängig: Die extrem flache, kontrovers diskutierte Butterfly-Tastatur ist Geschichte. Stattdessen kehrt Apple zu den alten Tugenden zurück und setzt auf eine verbesserte Scherenmechanik mit einem Tastenhub von einem ganzen Millimeter statt nur einem halben. Dazu kommt die Hintergrund-Beleuchtung, so tadellos und gleichmässig wie immer.
Die neue alte Tastatur fühlt sich fantastisch an
Quelle: PCtipp.ch
Kurz gesagt: Auf dieser Tastatur wird die Arbeit zu einer Freude. Der Anschlag ist genau richtig, der Druckpunkt fühlt sich perfekt an und auch sonst gibt es nichts auszusetzen – gar nichts.
Im Gegensatz zum MacBook Pro fehlt dem MacBook Air die «Touch Bar», also das Multitouch-Display, das je nach Aufgabe seine Funktion und seine Symbole ändert. Stattdessen sind dort die klassischen Funktionstasten F1 bis F12 zu finden. Die Meinungen zur Touch Bar gehen weit auseinander. Aber in meinen Augen sind die Funktionstasten die sehr viel bessere Eigenschaft als die Touch-Bar im MacBook, was nicht einer gewissen Ironie entbehrt.
Keine Touch Bar, kein Problem; überhaupt nicht
Quelle: PCtipp.ch
Ebenfalls eine Verbesserung: Die Pfeiltasten sind wieder als «umgekehrtes T» angeordnet, was das blinde Ertasten vereinfacht und die Trefferquote massiv verbessert.
Das umgekehrte T ist zurück
Quelle: PCtipp.ch

Touch ID und T2-Chip

Ein Notebook, das gestohlen wird oder verloren geht, beschert seinem Besitzer den GAU. Es wäre den meisten Anwendern wohl lieber, wenn das Notebook von einer Dampfwalze plattgemacht wird. Denn dabei wird nur die Hardware zerstört, aber die Daten darauf bleiben verschollen und deshalb unzugänglich.
Dass die Panik beim Verlust des MacBook Air ausbleibt, ist der Touch ID und – vor allem – dem verbauten T2-Chip von Apple zu verdanken. Er sorgt dafür, dass das gesamte SSD bis zum letzten Bit verschlüsselt ist, ohne dass es zu Leistungseinbussen kommt. Der Startvorgang wird ausserdem nahtlos mit kryptografischen Schlüsseln und Signaturen abgesichert, sodass sich keine Malware dazwischenschieben kann.
Die Fingerscanner «Touch ID» ist in dieser Form wiederum seit dem iPhone 5s bekannt, auch wenn die Innereien natürlich verbessert wurden: Handauflegen sorgt dafür, dass das Gerät sofort entsperrt wird. Wer den falschen Finger hat, bleibt draussen. Bis zu fünf Finger lassen sich erfassen, sodass auch der Partner Zugriff erhält. Alternativ könnten Sie auch auf die Touch ID verzichten und das MacBook Air stattdessen mit der Apple Watch entsperren, was überhaupt keine Interaktion benötigt.
Die Touch ID in der rechten oberen Ecke sorgt für den bequemen, aber sicheren Zugang zum Gerät
Quelle: PCtipp.ch

Lärm, Leistung und Batterie

Das MacBook Air arbeitet wie seine grossen Brüder lautlos, solange die Rechenlast nicht zu hoch wird – und das ist eigentlich fast immer der Fall. Es braucht etwa eine Minute unter Auslastung aller Rechenkerne, bis die Lüfter überhaupt hörbar werden. Doch selbst wenn nach etwa zwei Minuten der maximale Geräuschpegel erreicht ist, bewegt er sich auf einem Level, der in jedem normalen Bürogeräusch komplett untergeht. Als bekennender Lüfterhasser (und wer ist das nicht?) ist für mich diese Eigenschaft der Apple-Rechner eine der besten überhaupt.
Das SSD schaufelt beim Lesen und Schreiben über 1,2 GB pro Sekunde durch die Gegend. Das SSD im MacBook Pro ist zwar fast doppelt so schnell, aber über die breite Masse der Notebooks gesehen, ist der Wert hervorragend. Entsprechend schnell funktionieren Kopieraktionen und das Starten von Programmen.
Das SSD transportiert über 1,2 GB pro Sekunde (lesen und schreiben)
Quelle: PCtipp.ch
Auch bei der Batterie gibt es nichts zu meckern. Natürlich hängt es immer vom jeweiligen Einsatzgebiet ab. Doch in meinem Fall (surfen, musikhören, schreiben, E-Mails usw.) war die Batterie am Ende des Tages erst zu zwei Drittel leer. Da darf das Netzteil auch einmal zuhause bleiben, wenn das MacBook Air nur mit einer einfachen Hülle transportiert wird.

Kaufberatung und Fazit

Das MacBook Air ist zurzeit der bestmögliche Einstieg in die Mac-Welt, wenn die Leistung nicht das erste Kriterium ist. Doch wohlverstanden: Das MacBook Air reicht für die meisten Anwendungen problemlos aus; nur ist eben das MacBook Pro noch einmal schneller – sowohl beim Prozessor und erst recht beim SSD.
Das schlagende Argument ist der Preis: Ab 1129 Franken erhalten Sie ein edles Notebook mit zwei Thunderbolt-Anschlüssen, die sich über Adapter mit Gott und der Welt verbinden. Das Display überzeugt in jeder Hinsicht und das Trackpad ist so angenehm und ergonomisch, wie das scheinbar nur Apple hinbekommt. Und das schnelle SSD mit einem Durchsatz von etwa 1,2 GB pro Sekunde lässt keine Wartezeiten aufkommen.
Die kleinste Konfiguration kostet 1129 Franken und bietet einen Core-i3-Prozessor, 8 GB RAM und ein 256 GB grosses SSD. In einer Zeit, in der immer mehr über die Cloud abläuft, kommt man damit als Schüler, Bürohengst oder Schreiberling bestens über die Runden. Allerdings sollten Sie den RAM für 220 Franken auf 16 GB aufstocken, falls Sie planen, über eine Software wie Parallels Desktop auch Windows zu virtualisieren.

Das Dilemma schlechthin

Und das war’s dann mit der sinnvollen Aufrüsterei – obwohl Apple jede Menge weiterer Optionen anbietet, bis hin zum Core i7-Prozessor, 16 GB RAM und 2 TB SSD für 2479 Franken. Doch sobald die Updates hinzugefügt werden, verirrt sich das MacBook Air sehr schnell in eine Region, die vom MacBook Pro bewirtschaftet wird. Wird zum Beispiel die i3-CPU durch die i5 ersetzt, wie sie auch im günstigsten MacBook Pro verbaut ist, schrumpft der preisliche Abstand auf gerade einmal 270 Franken – und das in einem Gehäuse, das bei der Grösse und dem Gewicht auf Augenhöhe liegt.
Das MacBook Air ist nicht für jeden gemacht – und doch für manche das pefekte Notebook
Quelle: Apple, Inc.
Und dann beginnt das grosse Grübeln, denn das MacBook Pro hat die bessere Grafikkarte, das schnellere SSD und erst noch einen etwas höher getakteten Prozessor.
Dessen ungeachtet gibt es Zielgruppen, denen ich ohne jeden Vorbehalt ein MacBook Air empfehle. Wenn das Budget kneift, aber in Schule selten mehr als Word oder Excel verwendet werden, ist MacBook Air eine hervorragende Wahl. Auch Bildretusche und 4K-Videoschnitt sind kein Problem, solange sie nicht in einer Werbeagentur zur täglichen Arbeit gehört.
Vor allem aber würde ich dem MacBook Air deshalb den Vorzug geben, weil es keine Touch Bar, sondern richtige Funktionstasten bietet. Ich bin mit der Touch Bar nie wirklich warm geworden und bevorzuge die physischen Funktionstasten in jedem Fall. Das kann bei Ihnen natürlich anders aussehen – aber es soll erwähnt sein, dass ihr Fehlen nicht immer eine Einschränkung, sondern sogar ein Vorteil sein kann.

Fazit

Das MacBook Air ist der ideale Rechner für Schüler, im Büro oder als Zweitrechner – und natürlich für Windows-Anwender, die endlich einmal Apple-Luft schnuppern möchte. Gemessen an dem, was geboten wird, ist der Preis ausserdem sehr moderat. Einzig die preisliche Nähe zum MacBook Pro verlangt ein wenig mehr Nachdenken vor dem Kauf.

Testergebnis

Note
5
Retina-Display, Tastatur, Verarbeitung, Software, Trackpad, T2-Chip, SSD
Schwache Webcam

Preis:  ab 1129 Franken

Infos: 
Anmerkung zur Note: 1 = unbrauchbar; 1,5 = sehr schlecht; 2 = schlecht; 2,5 ungenügend; 3 = genügend; 3,5 ordentlich; 4 = gut; 4,5 = sehr gut; 5 = ausgezeichnet


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