Herz 28.03.2019, 12:01 Uhr

Die Apple Watch kann jetzt EKG auch in der Schweiz

Wie aus dem Nichts: Die EKG-Funktion der Apple Watch Series 4 ist in der Schweiz angekommen. So funktioniert sie!
Hand auflegen hilft, zumindest in diesem Fall
(Quelle: NMGZ / ze)
Heute Nacht hat Apple watchOS 5.2 freigegeben. Neben den üblichen Fehlerbehebungen ist auch ein grosses Bonbon dabei: Bei der Series 4 ist jetzt die EKG-Funktion in der Schweiz verfügbar. Das ist insofern überraschend, weil diese zuerst nur in den USA zugelassen war. Und weil die Apple Watch durch diese Funktion offiziell zu einem medizinischen Gerät wird, sind die Zertifizierungen entsprechend kompliziert und langwierig. Viele Beobachter hegten bereits die Sorge, dass es diese Funktion nie oder nur mit grosser Verspätung in die kleine Schweiz schafft – und so ist natürlich die Freischaltung dieser Funktion nach nur vier Monaten eine sehr angenehme Überraschung.

So funktioniert es

Die Apple Watch erzeugt ein 1-kanaliges EKG, indem die EKG-App gestartet und der Zeigefinger der anderen Hand für 30 Sekunden an die digitale Krone gehalten wird. Die andere Diode befindet sich auf der Rückseite der Apple Watch, der Stromkreis wird geschlossen. Während dieser Zeit wird der Herzrhythmus angezeigt – sowie die Warnung, dass die Apple Watch nicht dazu gemacht ist, einen Herzinfarkt zu erkennen.
Nach der Messung wird der Herzrhythmus entweder als Vorhofflimmern, Sinusrhythmus oder als «Uneindeutig» eingestuft und die Werte in die Health-App eingetragen. Der bestens bekannte Sinusrhythmus wird dort ausserdem visualisiert; das Resultat dieser Messung kann bei Bedarf in ein PDF verpackt und an den Arzt des Vertrauens geschickt werden. Apple legt dabei grossen Wert auf die Feststellung, dass alle medizinischen Daten ausschliesslich im iPhone gespeichert werden.
Die Messung wird in der Health-App visualisiert und kann schnell per PDF verschickt werden
Quelle: NMGZ / ze
Ausserdem überprüft die Apple Watch in regelmässigen Abständen den Herzrhythmus auf Unregelmässigkeiten. Häufen sich diese in einem Zeitfenster von 48 Stunden, wird eine Warnung angezeigt, denn das könnte auf Vorhofflimmern hindeuten – und damit auf einen sich anbahnenden Schlaganfall. Gemäss Apple erhält der Träger eine Mitteilung, wenn bei fünf Rhythmusprüfungen über einen Zeitraum von mindestens 65 Minuten ein unregelmässiger Herzrhythmus erkannt wird. Diese Funktion wird übrigens auf jeder Apple Watch der Series 1 oder neuer unterstützt.

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Genauigkeit

Die Möglichkeit der EKG-App, eine EKG-Aufzeichnung exakt in Vorhofflimmern oder Sinusrhythmus zu klassifizieren, wurde laut Apple in einer klinischen Studie mit rund 600 Teilnehmern bestätigt. O-Ton Apple:
Die Herzrhythmusklassifizierung eines 12-Kanal-EKGs auf höchstem Standard durch einen Kardiologen wurde mit der Herzrhythmusklassifizierung eines gleichzeitig aufgezeichneten EKGs mit Hilfe der EKG-App verglichen. Die Studie ergab, dass die EKG-App auf der Apple Watch eine 98,3 Prozent Genauigkeit bei der Klassifizierung von Vorhofflimmern und eine bei 99,6 Prozent liegende Genauigkeit bei der Klassifizierung von Sinusrhythmus in klassifizierbaren Aufzeichnungen nachweisen konnte. In der gesamten Studie konnten 87,8 Prozent der Aufzeichnungen durch die EKG-App klassifiziert werden.

Aktivierung

Das EKG ist nach dem Update auf watchOS 5.2 nicht automatisch aktiv. Stattdessen muss es auf dem iPhone in der App «Watch» aktiviert und dann in der App «Health» konfiguriert werden.
Die Einrichtung startet nicht automatisch, sondern wird in der «Watch»-App angestossen
Quelle: NMGZ / ze
Dabei liefert die App umfassende Erklärungen, die selbst für absolute Laien verständlich sind. Sehr schön ist auch, dass Apple keine Heilsversprechen macht, im Gegenteil: Es wird in aller Deutlichkeit hervorgehoben, was die EKG-Funktion nicht kann:
Der Assistent geizt nicht mit Erklärungen, aber auch mit Vorbehalten
Quelle: NMGZ / ze

Was bringt’s?

Die EKG-Funktion und die konstante Messung des Herzrhythmus sind hochwillkommene Ergänzungen des Funktionsumfangs für alle Träger ab dem mittleren Alter. Die Uhr hängt sowieso den ganzen Tag am Handgelenk, sodass der persönliche Aufwand für diese Überwachung nahezu null ist. Und wer möchte deshalb auf einen solchen Schutzengel verzichten? In bester Apple-Manier läuft alles vollautomatisch ab. Die meisten Träger werden (hoffentlich) nie eine Warnung zu sehen bekommen. Und wer es ein wenig genauer will, legt einfach den Zeigfinger für eine halbe Minute an die Krone.
Für Interessenten mit einer medizinischen Vorgeschichte kann hingegen allein die EKG-Funktion Grund genug sein, um sich eine Apple Watch der Series 4 anzuschaffen.




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