19.10.2010, 00:00 Uhr

Mehrheit der Schweizer Firmen interessiert sich nicht für Social Media

Da tut sich ein grosses Potenzial für Beratungsfirmen auf. Denn 60 Prozent der Schweizer Unternehmen sind nicht am Einsatz von Social Media interessiert oder haben das Thema derzeit nicht auf ihrer Agenda. Lediglich zehn Prozent haben bisher strategische Massnahmen erarbeitet, um Mitarbeitern Zugang zu sozialen Netzen oder Wissensplattformen für den gemeinsamen Austausch zu ermöglichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die von Avanade, einem Anbieter von Business Technologie-Services, zum Thema ?Digitale Zusammenarbeit in Unternehmen? in Auftrag gegeben wurde. Das unabhängige Forschungsunternehmen Kelton Research befragte dafür mehr als 500 Vorstände, Manager und IT-Entscheider aus der Schweiz und 16 weiteren Ländern, darunter auch Entscheider aus Europa und den USA. Unter Social Media verstehen sich multimediale Plattformen wie etwa Wikis, Blogs, Twitter, XING und Facebook, die den gegenseitigen Austausch im Internet ermöglichen.
Interessierte Unternehmen arbeiten an Strategie
Die weiteren Studienergebnisse zeigen, dass 40 Prozent der Schweizer Unternehmen an der Nutzung von Social Media interessiert sind, um die Kommunikation der Mitarbeiter im Betriebsalltag zu verbessern und zu erleichtern. Der Durchschnitt aller weiteren befragten zwölf Länder in Europa liegt laut Studie bei 69 Prozent. Drei Viertel der interessierten Schweizer Studienteilnehmer arbeiten bereits an einer geeigneten Social Media-Strategie und deren Umsetzung. Dennoch gibt es oft Skepsis bei den befragten IT-Entscheidern und Geschäftsführern in der Schweiz gegenüber neuen Kommunikationskanälen. So schätzen 30 Prozent der Befragten den Einsatz von Social Media-Tools in der Unternehmenskommunikation als nicht realistisch ein. Dies sehen auch 21 Prozent der Befragten aus den USA und 15 Prozent der weiteren europäischen Teilnehmer so. Die Generationenfrage spielt in der Schweiz als mögliche Hemmschwelle aber eine eher untergeordnete Rolle: Lediglich zehn Prozent meinen, dass Führungskräfte, die oft einer reiferen Generation angehören, das Potenzial von Social Media nicht erkennen würden. Weltweit betrachtet liegt diese Zahl bei 27 Prozent. Jeder zweite Schweizer Befragte ist sich bewusst, dass sich soziale Netzwerke auch ohne eine proaktive Kommunikationsstrategie im Unternehmen schleichend verbreiten. ?Dies ergibt sich vor allem aus der intensiven Verbreitung von Twitter, Facebook, Foursquare, YouTube und weiteren Social Media-Kanälen im privatem Umfeld?, weiss Thomas Krofta, Service Line Lead Portals & Collaboration Solutions für Avanade Schweiz, Österreich und Deutschland. ?So erwartet die Generation Y, also die 18 bis 30jährigen, die gleichen Kommunikationskanäle am Arbeitsplatz vorzufinden, die sie selbst auch privat nutzt. Schweizer Unternehmen, die jetzt eine geeignete Strategie angehen, können eine Vorreiterrolle einnehmen und sich als attraktiver, fortschrittlicher Arbeitgeber positionieren.?

Befragte erkennen nur wenige Vorteile
Schweizer Unternehmen, die bereits Kommunikationstools aus dem Bereich Social Media implementiert haben, sehen dennoch Vorteile in deren Nutzung. So sagt jeder Fünfte, dass sich die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Abteilungen verbessert hätte und Probleme schneller gelöst würden. Jedoch meinen nur zehn Prozent der Befragten, dass mit der Nutzung der neuen Kommunikationskanäle die Produktivität verbessert, der Vertrieb angekurbelt und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden kann. Für das so genannte ?Employer Branding? kann eine geeignete Social Media-Strategie dennoch bedeutend sein. So erklären 40 Prozent der Schweizer Studienteilnehmer, dass die Nutzung der neuen Kommunikationskanäle die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht. Jeder Fünfte gibt an, dass der Einsatz von Social Media dabei hilft, das Image des Unternehmens zu verbessern und, dass Unternehmen ohne den Einsatz von Social Media nicht den grösstmöglichen Talent-Pool ansprechen oder erreichen könnten.

Klassische Kommunikationskanäle bevorzugt
Dass Schweizer Unternehmen weniger Interesse an Social Media signalisieren als andere Länder in Europa, zeigt sich auch bei der Nutzungshäufigkeit der Kommunikationskanäle. So werden bei der täglichen Mitarbeiterkommunikation die klassischen Kanäle wie E-Mails und das Telefon von jedem befragten Schweizer Unternehmen mit Abstand am häufigsten eingesetzt. Hingegen wird das gemeinsame Chatten über Instant Messaging von knapp 33 Prozent der Schweizer Teilnehmer häufig genutzt. Wissensplattformen, wie etwa Wikis, Blogs und Microblogs wie Twitter werden von mehr als drei Viertel der Befragten gar nicht genutzt (80 Prozent). Die Zahlen verdeutlichen aber auch, dass sich neuartige Kommunikationskanäle über die Zeit hinweg etablieren. Dies zeigt sich vor allem bei den bereits seit einiger Zeit existierenden Kanälen Intranet und bei gemeinsam genutzten Laufwerken. So setzen jeweils 60 Prozent und 100 Prozent der Schweizer Studienteilnehmer häufig auf das Intranet sowie gemeinsame Laufwerke beim Informationsaustausch. Gleichwohl sind Schweizer IT-Entscheider und Manager dafür offen, dass Mitarbeiter neue Kommunikationskanäle für geschäftliche Zwecke einsetzen dürfen, auch wenn das Unternehmen selbst keine Social Media-Strategie verfolgt: So meinen knapp drei Viertel der Befragten, dass sie ihren Mitarbeitern Zugang gestatten zu Instant Messaging-Tools, zu Facebook (30 Prozent), zu Businessnetzwerken wie etwa XING und LinkedIn (30 Prozent) sowie zu Wikis (20 Prozent).

Bedeutung für Geschäftskommunikation gering eingeschätzt
Auch bei der Frage, wie wichtig bestimmte Kommunikationskanäle für die geschäftliche Kommunikation sind, haben die klassischen Kanäle die Nase vorn. So gibt jeder Schweizer Befragte an, dass E-Mail und Telefon besonders wichtige Austauschkanäle im Geschäftsalltag darstellen und auch das Intranet hält jeder zweite Teilnehmer für bedeutend. Instant Messaging ist hingegen nur für knapp 33 Prozent, Wikis für 20 Prozent wichtig. Blogs und Microblogs wie Twitter stuft die deutliche Mehrheit (80 Prozent) der Befragten lediglich als Nice-to-have ein. Die primären Gründe, warum Schweizer Unternehmen Kommunikations- und Informationsinstrumente einführen sind: um Zeit zu sparen (90 Prozent), die Produktivität im Unternehmen zu erhöhen (70 Prozent) und um Kosten zu sparen (50 Prozent). Thomas Krofta erklärt: ?Bei der Nutzung von Collaboration-Tools geht es im eigentlichen Sinn nicht mehr darum, dass Mitarbeiter Zugriff auf gemeinsame Dokumente haben und sich via Telefon erreichen können, sondern darum wie Arbeitsschritte und -prozesse effizienter gestaltet werden können. Dank moderner Social Media-Tools können Teams und Abteilungen deutlich leichter standort- oder länderübergreifend zusammenarbeiten, weil die Kommunikation synchron möglich ist. Mitarbeiter können sich also per Instant Messaging und Web-Konferenzen zu Erkenntnissen und Problemen austauschen und durch den Einsatz von beispielsweise Wissensplattformen auch leichter auf das Know-how von Experten und Kollegen zugreifen, die etwa auf einem anderen Kontinent sitzen.?

Über die Studie
Die Collaboration-Studie wurde von dem unabhängigen Forschungsunternehmen Kelton Research durchgeführt. In der Zeit vom 8. bis 15. Februar 2010 wurden 538 Online-Interviews mit Managern, IT-Entscheidern und Abteilungsleitern in 17 Ländern in Nordamerika, Europa und dem Asien-Pazifik-Raum durchgeführt. (Patrick Hediger) http://www.avanade.ch



Das könnte Sie auch interessieren