Provider 30.01.2020, 13:13 Uhr

So wechselt man den Internetprovider richtig

Mit bunten Flyern werben Internetprovider um die Gunst neuer Kundschaft. Lassen Sie sich aber nichts aufschwatzen. Prüfen Sie genau, bevor Sie sich an einen neuen Anbieter binden. Die folgenden Tipps helfen dabei.
(Quelle: Pixabay)
Einen Breitband-Internetanschluss zu haben, ist heute so selbstverständlich wie das Vorhandensein von Strom und fliessendem Wasser. Sehr viele Anwender vertrauen seit vielen Jahren jenem Anbieter, der ihnen damals den ersten Breitbandanschluss in die Stube gezogen hat. Oft, weil es der einzige oder erste war, der am Wohnort bezahlbares Breitband liefern konnte.
Inzwischen hat sich viel geändert. Zum einen die Produktauswahl: Die meisten Internetprovider liefern heute nicht mehr bloss Internetzugang, sondern ganze Pakete, die teils auch Festnetztelefonie, Mobilfunk sowie Fernseh- und sonstige Streamingangebote enthalten. Beim Festnetz handelt es sich heute zudem längst um keine analoge Festnetztelefonie mehr, sondern um «Voice over IP», also eine digitale Sprachübertragung, für die man aber die alte Festnetznummer beim Providerwechsel mitnehmen kann.
Das zweite sind höhere Geschwindigkeiten über immer mehr Verbindungswege: Koax (Kabel-TV-Dose), Kupfer (Telefondose) oder Fiber (Glasfaser). Darum landen immer häufiger Flyer und Werbeschreiben von Internetzugangsanbietern in den Briefkästen.
Ein Wechsel kann sich durchaus lohnen. Man sollte aber genau hinschauen und auch die Details vergleichen, bevor man den Wechsel überstürzt und danach vielleicht bereut.

Wie schnell brauche ichs?

Für einen Einzelhaushalt, der keine Games und Filme in 4K-Qualität streamt, reichen 40 bis 50 Mbit/s. Das funktioniert tipptopp für E-Mail, Windows-Updates, allgemeines Surfen und sogar fürs Streamen von Internetradio oder von HD-Fernsehsendungen. Wenn Sie nicht mehr als dies tun, lohnt sich ein Upgrade meistens nicht – jedenfalls nicht bloss aufgrund der Geschwindigkeit.

Was habe ich derzeit?

Nehmen Sie den Ist-Zustand auf. Schauen Sie sich genau an, was in Ihrem derzeitigen Internetzugang alles mit dabei ist, und überlegen Sie sich, ob Sie die enthaltenen Funktionen auch wirklich brauchen. Da werden oftmals Details übersehen.

Ist Mobilfunk dabei?

Haben Sie ein Komplett-Abo, in dem auch Ihr Handy-Vertrag enthalten ist? In diesem Fall stellen Sie sicher, dass Ihr Mobilfunk-Abo nicht vergessen geht: Entweder müssen Sie Ihr Handy-Abo beim alten Anbieter in ein separates Abo auslagern oder Sie müssen es zum neuen Anbieter mitnehmen können. Klären Sie dies rechtzeitig ab, denn Sie werden die Telefonnummer unter Umständen zum neuen Anbieter portieren müssen.

Ist Fernsehen dabei?

Bild 1: Der Anbieter Zattoo bietet kostenloses Fernsehen via Internet oder über diverse Apps
Quelle: Screenshot PCtipp
Wenn Sie nur wenige TV-Sender schauen und keine Aufnahmemöglichkeit brauchen, wäre es denkbar, dass Ihr Fernsehbedarf schon mit einem Gratiskonto beim Anbieter zattoo.com abgedeckt wird. Die meisten Sender werden damit zwar nur in normaler Qualität daherkommen, aber die SRG-Sender (SRF1 etc.) gibt es bei Zattoo auch in HD-Qualität. Zudem ist die Zattoo-App für verschiedene Plattformen wie Android TV, Apple TV, Chromecast, Samsung Smart TV, Windows 10, Xbox und für den Webbrowser erhältlich, Bild 1.

Telefonnummer zügeln und Stolperstein Mailadresse

Telefonnummer zügeln

Die Mitnahme (Nummernportierung) einer Festnetz- oder Mobiltelefonnummer ist in der Schweiz zwischen allen Anbietern möglich, die selbst auch Festnetz oder Mobilfunk anbieten. Portieren Sie die Nummer rechtzeitig! Nehmen Sie mit dem neuen Anbieter Kontakt auf. Erkundigen Sie sich nach dem genauen Vorgehen und fragen Sie beim alten Anbieter nach den Fristen, die Sie einhalten müssen.

Stolperstein Mailadresse

Welche E-Mail-Adresse haben Sie? Und wie sehr liegt Ihnen daran, dass Sie diese «mitnehmen» können? Während beim Telefon-Anbieterwechsel eine Mitnahmemöglichkeit der Telefonnummer (Nummernportierung) vorgesehen ist, handhaben die Provider dies bei den Mailadressen völlig unterschiedlich. Und gerade die Mailadresse ist ein Punkt, der oft vergessen geht.
Der Grund: Anders als die Telefonnummern basieren E-Mail-Adressen auf Webbzw. Maildomains. Und diese Maildomains gehören den Providern tatsächlich selbst. So gehört «hispeed.ch» UPC, «bluewin.ch» gehört Swisscom und «sunrise.ch» gehört Sunrise. Auch wenn Sie zum Beispiel von UPC weggehen, wird jeder Mailverkehr von und an Ihre «hispeed.ch»-Adresse die Ressourcen eines Servers benutzen, der UPC gehört. Wenn der Kunde abtrünnig wird, liegt es allein im Ermessen des Ex-Providers, wie er mit dem Mailkonto des scheidenden Kunden verfahren will. Und da gibt es etwa so viele verschiedene Verfahrensweisen wie Provider.
Kunden, die beispielsweise von Swisscom weggehen, können ihre «bluewin.ch»-Adresse kostenlos mitnehmen. Hierfür müssen Sie aber vor der Kündigung Ihre Mailadresse über das Swisscom-Kundencenter «abtreten» und diese in ein separates Konto des Typs «Service Package Light» überführen.  Das ist gratis, bietet aber nur eine Mailadresse pro Konto (statt deren fünf) und nur 1 GB statt 5 GB Speicherplatz für die Mails auf dem Server.
Wer von Sunrise weggeht, wird seine Mailadresse verlieren; muss also beim neuen Anbieter oder (besser) bei einem unabhängigen eine neue erstellen. Sie können Ihre Sunrise-Mails aber noch etwa zwei bis drei Monate lang an Ihre neue Adresse weiterleiten lassen.
Wieder anders bei Green: Falls Sie einen Internetzugang bei Green.ch haben und den Zugangsanbieter wechseln wollen, können Sie Ihre Greenmail.ch-Adresse für einen Betrag von monatlich Fr. 4.90 oder jährlich Fr. 58.80 zum neuen Anbieter mitnehmen.
Diese Probleme haben Sie nicht, wenn Sie eine Mailadresse haben, die mit Ihrem Zugangsprovider nichts zu tun hat. Das kann eine Mailadresse mit der Domain gmail.com oder gmx.ch sein oder es können auch die ganzen Microsoft-Domains wie hotmail.com, outlook.com oder outlook.de sein. Bei diesen ändert sich im Falle des Wechsels des Zugangsproviders gar nichts.
Lange Rede, kurzer Sinn: Falls Sie ein wichtiges Mailkonto bei Ihrem «zukünftigen Ex-Provider» haben, klären Sie mit ihm rechtzeitig, ob und wie Sie das Konto allenfalls mitnehmen könnten.

Anschlussdose, Modem und wichtige Kleinigkeiten

Die Frage nach der Dose

Falls Sie einen Providerwechsel planen: Haben Sie überhaupt eine geeignete Anschlussdose für die Dienste jenes Providers, zu dem Sie wechseln wollen? Einmal den Mobilfunk ausser Acht gelassen, gibt es grundsätzlich drei Sorten von «Auffahrtrampen» bzw. Steckdosen, die Ihnen den Weg ins Internet ermöglichen. Das eine ist die Telefondose, an die man früher das analoge Telefon und das Einwählmodem angeschlossen hat. Das ist die Telefonkupferleitung (meist kurz als «Kupfer» bezeichnet), über die heutzutage die DSL-Angebote von zahlreichen Internetprovidern zu haben sind – meistens schweizweit. Das zweite ist die klassische «Fernsehdose» (Fachbegriff Koax), mit der Sie das TV- und Radio-Antennenkabel verbunden haben. Internet gibt es aus dieser Dose oftmals nur bei genau einem Provider, weil pro Region immer nur ein Anbieter die Hoheit über die Koax-Anschlüsse hat. In den meisten Gebieten ist es UPC (Cablecom), in manchen ist es ein kleinerer Anbieter wie Quickline.
Das dritte ist Glasfaser (Fachbegriff Fiber). Diese Dose ist standardmässig oft erst in Neubauten vorhanden, sofern die Ortschaft bzw. das Quartier schon in den Genuss eines Glasfaserausbaus gekommen ist. In älteren Häusern und Wohnungen wird sie oft nachträglich in der Nähe der Telefon- oder TV-Dose angebracht, sofern der Hauseigentümer der Liegenschaft Fiber-Zugang spendiert, Bild 2. Ob Ihr Quartier und eventuell sogar Ihre Adresse schon Glasfaser hat, finden Sie meist über ein Abfrageformular Ihres Wunschproviders heraus. Auch über die Internetadresse go.pctipp.ch/2116 kommen Sie zu einem Breitbandatlas der Schweiz mit verschiedensten Abfragemöglichkeiten.
Bild 2: Bilder der Schweizer Versionen von Koax (links), Telefondose (Mitte) und Fiber-Anschluss
Quelle: PCtipp
Gerade beim Umstieg von einer Übertragungsart auf eine andere (von oder zu Kupfer, Koax, Fiber) ist es wichtig zu wissen, ob Sie erstens in Ihrer Wohnung überhaupt eine passende Dose haben und zweitens, ob sich diese auch an einem für Sie sinnvollen Ort befindet. Sie müssen bei einem späteren Wechsel das Internetzugangsgerät (meist ein Modem oder ein Modem-Router) an dieser Dose anschliessen und damit die weiteren Geräte verbinden können, beispielsweise einen WLAN-Router, falls WLAN im Modem-Router nicht schon enthalten ist.

Die Gerätschaften

Das eigentliche «Modem» können Sie normalerweise nicht für eine andere Verbindungstechnologie verwenden. Hatten Sie zum Beispiel an der TV-Dose ein Kabelmodem, können Sie dieses nicht einfach als Fiber-Router weiterbenutzen. Nur falls Sie bei derselben Übertragungstechnik bleiben (zum Beispiel DSL via Kupfer), können Sie unter gewissen Umständen den Modem-Router weiterverwenden. Hier müssen aber sowohl das Gerät als auch der neue Provider mitmachen.

Wichtige Kleinigkeiten

Es kann Dienste geben, von denen Sie nur etwas merken, wenn Sie diese nicht mehr haben. Wird beispielsweise die Telefonie bzw. Ihre Mobiltelefonnummer zu einem anderen Anbieter gewechselt? Falls Sie von Swisscom weg zu einem anderen Anbieter zügeln, könnten Sie später schmerzlich feststellen, dass der Filter für nervige «Telemarketing-Anrufe» plötzlich fehlt.
Schauen Sie daher genau hin, was Sie derzeit haben respektive was in Ihrem jetzigen Abo alles dabei ist. Wenn Sie Funktionen finden, die Sie beim neuen Anbieter auch gerne hätten, schauen Sie bei diesem zuerst nach, ob er diese ebenfalls anbietet.




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