Content-Strategie 20.07.2015, 01:44 Uhr

Corporate Blogs als Facebook-Alternative

Corporate Blogs gelten in der Beraterszene als Wunderwaffe gegen sinkende Reichweiten bei Facebook. Sie sollen auch helfen, den steigenden Content-Hunger bei Google zu stillen.
Blog Würfel
(Quelle: Fotolia.com/Stauke)
Von Bärbel Edel
Corporate Blogs erleben derzeit eine Renaissance. Die Euphorie über Facebook - dem einzig wahren Social-Media-Kanal - verflog in dem Moment, als mühsam aufgebaute Reichweiten mit einer ­Änderung des Algorithmus in sich zusammenfielen. Blogs schienen da eine gute ­Lösung zu sein: Mit aktuellen, hochwertigen Inhalten rund um die für einzelne Branchen relevanten Keywords können sie zusätzlichen Traffic für die Unternehmenswebsite oder den Shop generieren.
Dazu kommt: Google will für ein gutes Ranking erstklassigen Content sehen. ­Ausserdem bevorzugt die Suchmaschine Websites mit häufigen Änderungen gegenüber statischen Seiten. Auch hier können Corporate Blogs punkten, vorausgesetzt, es werden regelmässig neue Artikel veröffentlicht. Die Kommunikations- und Strategieberaterin Kerstin Hoffmann empfiehlt Unternehmen, eine eigene ­redaktionelle Plattform zu schaffen, denn "Sichtbarkeit im Internet kann nur mit hochwertigen und aktuellen Inhalten erreicht werden".
Unternehmen, die ihren Content ausschliesslich über Social-Media-Plattformen von Drittanbietern verbreiten, sind diesen quasi ausgeliefert. Ständig wechselnde Nutzungsbedingungen oder Reichweitenverluste wie etwa bei Facebook müssen die Betreiber ­eines Corporate Blogs nicht kümmern.
Mit dem eigenen Corporate Blog steht ein Kommunikationskanal zur Verfügung, bei dem man die volle Kontrolle über die veröffentlichten Inhalte hat. Allerdings sollte der Corporate Blog auf dem unternehmenseigenen Webspace gehostet werden und nicht bei Fremdanbietern wie zum Beispiel Blogger oder Wordpress.com, die theoretisch jederzeit dichtgemacht werden können.

Corporate Blog: Die richtige Content-Strategie als ersten Schritt

Doch wer einen Corporate Blog als reine Content-Maschine für Google & Co. begreift, springt möglicherweise zu kurz. Hoffmann warnt vor "isoliertem Aktionismus" und plädiert dafür, sich erst einmal Gedanken über die Content-Strategie zu machen. Im Rahmen dieser Strategie kann der Blog als "Basis für sämtliche Social-Media-Aktivitäten dienen, um die dortigen Interaktionen ,abzuholen‘ und zu bündeln", so Michael Firnkes, Unternehmensberater und Experte für Corporate Blogs.
Firnkes zufolge ist ein Corporate Blog üblicherweise ideal, um "Inhalte zu vermitteln, für die eine Website zu starr und auch zu konventionell in der Ansprache ist". Bevor man loslegt, sollte man sich über Ziele und Zielgruppe des Blogs klar werden. Richtet sich der Blog an Konsumenten, an Geschäftskunden oder dient er ausschliesslich zur Information der eigenen Mitarbeiter und ist nur über das Intranet der Firma zugänglich? Oder soll der Blog in erster Linie dem Employer Branding dienen, wie zum Beispiel der Azubi-Blog des Touristikunternehmens Tui?
Richtig eingesetzt, kann ein Corporate Blog das Image eines Unternehmens oder einer Marke nachhaltig stärken. Firmen mit erklärungsbedürftigen Produkten können ihr Angebot in verschiedenen Blog-Artikeln erläutern und so ihrer Zielgruppe näherbringen. Für Anwälte und andere Berufsgruppen mit eingeschränkten Werbemöglichkeiten bewirkt ein Blog zusätzliche Sichtbarkeit und Reichweite im Netz.
Die Kommentarfunktion des Blogs ­ermöglicht den direkten Dialog mit den Lesern. Der Schokoladenhersteller Ritter Sport veranstaltet auf seinem Corporate Blog regelmässig Gewinnspiele und Leseraktionen, die zum Kommentieren einladen. So veranstaltete Ritter Sport kürzlich ein Plakat-Voting, bei dem die Leser über ihre Lieblingsmotive abstimmen konnten. Mit Gewinnspielen Newslettern oder White­papern, die zum kostenlosen Download im Tausch gegen die Kontaktdaten angeboten werden, können über den Blog auch Leads generiert werden.
Auch wenn sich mit ­einem Corporate Blog viel erreichen lässt, eignet sich dieses Medium nicht für jedes Unternehmen. Ein Blog muss zur Unternehmenskultur passen. Firnkes: "Ein erfolgreicher Blog setzt vor allem ­eines voraus: Eine offene und ­transparente Unternehmenskultur. Wenn diese nicht vorhanden ist oder wenn wichtige Stakeholder Angst davor haben, unternehmerisches Wissen könnte in die Hände der Mitbewerber fallen, dann sind dies denkbar schlechte Voraussetzungen. Bloggen hat immer etwas mit Wissenstransfer zu tun."
Junge Unternehmen haben es dabei meist leichter als alteingesessene Firmen, weiss Firnkes. "Sie sind schlicht mutiger in der Kommunikation, weniger verkrampft in der Leseransprache und versierter im Ausprobieren verschiedener inhaltlicher Formen."

Corporate Blog: Aufwand sollte nicht unterschätzt werden

Den Aufwand, den ein Corporate Blog bedeutet, sollte man auf keinen Fall unterschätzen. Die Leser ­erwarten regelmässig ­aktuelle und interessante Inhalte auf dem Blog - am besten mehrmals in der Woche. Doch mit dem Artikelschreiben ist die Arbeit noch lange nicht getan. Bildrecherche und Bildbearbeitung, Kommentarmoderation und das Teilen der Artikel in diversen Social Media kosten ebenfalls Zeit. Wichtig ist auf alle Fälle zu bedenken, dass es einen langen Atem benötigt, mit einem Corporate Blog erfolg zu haben. Alle nötigen Ressourcen müssen deshalb längerfristig eingeplant werden.
Viele Corporate Blogs haben ein Autorenteam und verteilen die Arbeit so auf mehreren Schultern. Gastblogger sind ebenfalls eine interessante ­Content-Quelle. Im Azubi-Blog der Tui schreiben zum Beispiel auch Auszubildende diverser Hotels mit. Durch Outsourcing an freie Autoren oder Agenturen können Unternehmen ebenfalls den Aufwand im Haus reduzieren. Allerdings können externe Dienstleister einem Unternehmen nie die ganze Arbeit abnehmen - ein gewisser Aufwand für das Briefing bleibt ihm nicht erspart. Und: Je mehr Arbeiten rund um den Blog an externe Dienstleister herausgegeben werden, desto wichtiger wird die intensive Kommunikation zwischen den beiden Seiten, damit sich das Unternehmen immer noch voll mit den Inhalten identifizieren kann.

Corporate Blog: Gastbeiträge und Wikis als Alternative

Muss es überhaupt ein Blog sein? Ein Lexikon oder Glossar auf der Firmen-Website ist eine sinnvolle Alternative für Unternehmen, die den Aufwand eines Corporate Blogs nicht stemmen können oder wollen.
Die Inhalte können nach und nach ergänzt oder aktualisiert werden. Sucht man bei Google nach dem Keyword "Rasen säen" landet man zum Beispiel auf der Website der Obi-Baumärkte mit ihrem ausführlichen Lexikon unter der Rubrik "Rat & Tat". Auch durch Gastbeiträge in anderen Blogs kann der Bekanntheitsgrad der eigenen Marke gesteigert werden - ohne dass man selbst ein Blog betreiben muss.
Werbung, Lobhudeleien und Langeweile - so überzeugt man niemanden. Dennoch erwartet in vielen Fällen genau das die Leser. Lesen Sie hier die häufigsten Fehler in Unternehmens-Blogs.




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