Marktüberblick 19.09.2017, 17:04 Uhr

Die Cloud-Hyperscaler AWS, Microsoft und Google

Wer einen Cloud-Provider sucht, muss Strategie und Portfolio der grossen Plattformen kennen. 2017 nutzen bereits 65 Prozent ein entsprechendes Angebot.
(Quelle: turgaygundogdu / shutterstock.com)
Cloud-Computing ist zum Massenphänomen geworden. Nach Angaben von BPI Networks und Dimension Data nutzen 2,4 Milliarden Menschen Cloud-Dienstleistungen, laut 451 Research werden 2018 mehr Workloads in der Cloud als in herkömmlichen Rechenzentren bearbeitet werden.Auch in Deutschland findet Cloud-Computing immer mehr Akzeptanz. Das zeigt etwa der Cloud-Monitor, den Bitkom Research jährlich im Auftrag von KPMG erstellt. Während 2013 erst 40 Prozent der befragten Unternehmen angaben, Cloud-Dienste zu verwenden, waren es in diesem Jahr schon 65 Prozent. Weitere 18 Prozent planen deren Einführung. „Gerade über die letzten zwölf Monate konnten wir eine starke Entwicklung in Richtung Cloud-Computing in allen Bereichen erkennen“, bestätigt Thilo Ewald, Azure Business Lead Germany bei der Microsoft Deutschland GmbH, diesen Trend.
Bereits im kommenden Jahr soll Prognosen zufolge die Cloud-Nutzung die Non-Cloud-Workloads überholen.
Quelle: Crisp Research (2017), rundungsbedingt z.T. nicht 100 Prozent
Es ist also kein Wunder, dass Cloud-Provider mit erheblichen Umsatzzuwächsen rechnen können. Nach Prognosen von Crisp Research wird sich der Umsatz der Public-Cloud-Anbieter von 2016 bis 2018 mehr als verdoppeln. Das Marktvolumen steigt demnach von 23,5 auf knapp 50 Milliarden Dollar. Der Löwenanteil entfällt auf drei gern als Hyperscaler bezeichnete Anbieter: Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Compute Platform. Sie allein werden laut Crisp bis 2018 fast drei Viertel des Gesamtmarkts einnehmen.
AWS und Google gibt es zwar mittlerweile seit über zehn Jahren, doch mit den Anfängen hat das heutige Angebot nicht mehr viel gemeinsam. „Die Plattformen der grossen Hyperscaler haben sich in den vergangenen Jahren fundamental gewandelt, die Strategien, aber auch die Art und Weise, wie sie Services erbringen, wurden permanent weiterent­wickelt“, sagt Carlo Velten, Senior Analyst & CEO bei Crisp Research, der den Markt von Beginn an beobachtet.

Drei Ebenen der Analyse

Der schnelle Wandel erschwert die Orientierung in einem sehr ausdifferenzierten und sich ständig entwickelnden Markt. Allein AWS hat im vergangenen Jahr mehr als 1000 neue Features und Dienste eingeführt. „Es ist fast unmöglich, einen direkten Vergleich zu ziehen“, erklärt Jörn Steege, Executive Cloud Architect beim IT-Dienstleister Axians IT Solutions, der mit seinem AnyCloud-Ansatz das Cloud-Portfolio mehrerer Provider bündelt. „Die Angebote der Hyperscaler sind sehr umfangreich, aber auch sehr kompliziert“, gibt ihm Lars Göbel, Leiter Strategie & Innovation beim Rechenzentrumsbetreiber DARZ Recht, der ebenfalls eine ganze Reihe von Cloud-Providern zu seinen Partnern zählt.
Jörn Steege
“„Die meisten Kunden wollen sich nicht mit einem einzigen Provider verheiraten, sondern suchen sich für eine bestimmte Aufgabe die beste Lösung.“„
Jörn Steege
Executive Cloud Architect bei Axians IT Solutions
Für eine erste Orientierung empfiehlt Crisp-Analyst Velten eine Betrachtung auf drei Ebenen:
Infrastruktur. Die Zahl und die Verteilung der Rechenzen­tren spielt vor allem für Unternehmen eine Rolle, die weltweit präsent sein oder schwerpunktmässig ganz bestimmte Märkte adressieren wollen. In sensiblen Bereichen wie Behörden oder Militär, aber auch in stark regulierten Segmenten wie dem Finanzwesen können zudem Zertifizierungen entscheidend für die Wahl eines Providers sein. Detaillierte Vergleiche der Hyperscaler ermöglicht beispielsweise die Webseite Cloud Comparison von Rightscale.
Schon auf dieser Ebene zeigt sich allerdings auch die Schwierigkeit solcher Vergleiche. AWS beispielsweise gibt keine Informationen über die Zahl seiner Rechenzentren heraus, sondern teilt seine Infrastruktur derzeit in 16 Regionen ein, die wiederum aus jeweils zwei bis fünf Verfügbarkeitszonen (Availability Zones) bestehen. Eine Zone kann ihrerseits wieder eines oder mehrere Rechenzentren umfassen. Die Zahl von aktuell 43 Verfügbarkeitszonen bedeutet also, dass AWS mindestens 43, wahrscheinlich aber deutlich mehr Rechenzentren betreibt.
Plattform. Auf dieser Ebene geht es um das Angebot des jeweiligen Providers. Wie gross ist der Funktionsumfang? Wie gut lassen sich die Services miteinander kombinieren? Lassen sich Daten einfach migrieren? „In diesem Zusammenhang spielen natürlich auch die Kosten des Datentransfers eine Rolle“, sagt Carlo Velten.
Kundenansprache. Auf der obersten Ebene schliesslich sind Kriterien wie Ökosystem, Management und Service zu berücksichtigen. Wie umfassend ist das Partnernetzwerk des Anbieters? Welche Preismodelle und Zahlungskonditionen bietet er? Wie sind Service und Support gestaltet?

AWS: Marktführer mit Ambitionen

Mit den Produkten EC2 und S3 brachte Amazon 2006 Rechenleistung und Speicher als Service auf den Markt, um seine Rechenzentren besser auszulasten. Nutzten anfangs vor allem Start-ups die Dienste, weil sie den kostengünstigen Einstieg und die flexible Skalierbarkeit schätzten, positioniert sich der Branchenprimus heute vor allem auch als Partner grosser und mittelständischer Unternehmen. „AWS baut derzeit massiv Branchen-Know-how bei Vertrieb und Business-Development auf“, sagt Carlo Velten, „aus unserer Sicht ist das ein richtiger Schritt.
Carlo Velten
“„Eine wirkliche Preis­transparenz ist in der Praxis nicht gegeben“„
Carlo Velten
Senior Analyst & CEO bei
Crisp Research
Auch die Zeiten, in denen AWS als Feind des Channels empfunden wurde, sind längst vorbei. Mittlerweile investiert das Unternehmen stark in ein eigenes Partnersystem, auch wenn es immer wieder zu Irritationen kommt. So etwa, als AWS den Einstieg in den Managed-Services-Markt ankündigte und damit Partner vor den Kopf stiess.
Anders als manch Betroffener sieht Velten das allerdings entspannt: „Der Bedarf an erfahrenen Leuten, die sich mit dem Aufbau und der Integration von AWS-Ressourcen auskennen, ist in Deutschland extrem gross, da ist Platz für alle.“ AWS müsse im Gegenteil eher noch aktiver sein und das Know-how bei den Partnern schneller ausbauen helfen, so der Analyst weiter.
Nach den Erfahrungen von Axians-Cloud-Architect Jörn Steege punktet AWS vor allem in den Fachabteilungen und in der Produktion, während viele IT-Verantwortliche aus der Historie heraus eher Microsoft-affin seien: „Amazon kann im Bereich Produktion mehr Anwenderbeispiele vorweisen und hat mehr Services im Angebot.“ Die grosse Palette an Diensten ist auch nach Ansicht von DARZ-Chef Göbel ein grosser Vorteil der Amazon-Tochter: „AWS (…) war von Anfang an sehr breit aufgestellt und ist in sehr viele spezialisierte Services eingestiegen, die sie meist selbst (…) für ihren Geschäftsbetrieb benötigten.“
Göbel attestiert dem Marktführer Stärken im Open-Source-Bereich, dafür mangele es noch an der Integration von Enterprise-Lösungen anderer Hersteller. „AWS versucht bei diesem Aspekt mit Themen wie VMware on AWS aufzuholen, ist aber grundsätzlich noch im Hintertreffen.“
Velten wiederum sieht Aufholbedarf auch bei IoT, Analytics und Machine Learning. „AWS muss aufpassen, hier nicht zurückzufallen.“ Gerade Analytics und Machine Learning seien sehr rechenintensiv. „Da werden in den kommenden Jahren noch massiv Workloads in die Cloud verlagert werden.“ AWS hat diesen Trend natürlich auch erkannt: „Momentan sehen wir weiterhin einen hohen Bedarf an Diensten für Big Data und IoT-Anwendungen“, berichtet Constantin Gonzalez, Principal Solutions Architect bei der Amazon Web Services Germany GmbH.
Das Unternehmen will ausserdem seine Dienste für mobile Anwendungen wie Nutzungsanalysen, Tests mobiler Applikationen auf verschiedenen Geräten oder auch Server-Dienste für Online-Spiele ausbauen. „In diesen Bereichen haben wir für Entwickler ein eigenes Segment von Diensten in unserem Portfolio“, betont der Solutions Architect.
Das Angebot der mittlerweile über 90 AWS-Dienste werde auch fleissig genutzt, versichert Gonzalez: „Während die Kunden zu Zeiten des Markteintritts von AWS vor mehr als zehn Jahren vornehmlich auf unsere Compute- und Storage-Dienste setzten, nutzen sie heute eine Vielzahl der von uns angebotenen Cloud-Dienste.“

Heimvorteil für Microsoft

Kein Cloud-Provider hat eine derart grosse in­stallierte Basis in den Unternehmen wie der Software-Hersteller aus Redmond. „Microsoft hat den Vorteil, dass viele Unternehmen seit Jahrzehnten seine Produkte nutzen. Das macht die Adoption natürlich einfacher“, sagt Donald Badoux, Managing Director beim Colocation-Anbieter Equinix Germany GmbH, „zudem können Kunden, die Microsoft bereits nutzen, über Enterprise Agreements von preislichen Vorteilen profitieren.“ Azure sei deshalb perfekt für Kunden, die Microsoft-basierte Workflows in der Cloud abbilden wollten und bereits viele
Microsoft-Applikationen im Einsatz hätten.
Constantin Gonzalez
“„Momentan sehen wir weiterhin einen hohen Bedarf für Big-Data- und IoT-Anwendungen“„
Constantin Gonzales
Principal Solutions Architect bei Amazon Web Services Germany
Jörn Steege von Axians findet, dass Microsoft seinen Heimvorteil durchaus geschickt nutzt und klug Software und Cloud-Dienste kombiniert. „Für viele Kunden ist Office 365 auch der Einstieg in die Azure-Welt.“ Durch die positiven Erfahrungen auf der Software-as-a-Service-Ebene (SaaS) sei man in der Folge dann eher geneigt, auch Infrastruktur- oder Plattformdiensten (IaaS, PaaS) eine Chance zu geben. „Hier ist die Einstiegshürde bei AWS sicher höher.“
Die lange Historie als Software-Unternehmen ist aber nicht nur ein Vorteil. Der Vertrieb, vor allem aber auch die Partner, sehen sich oft noch als Lösungsanbieter und können dem Verkauf von Cloud-Services wenig abgewinnen. Dem will Microsoft mit einer Neuorientierung der Vertriebsmannschaft entgegenwirken, die laut Velten derzeit von den USA aus weltweit durchgesetzt werden soll. „Der Vertrieb soll stärker an Plattformen, Architekturen und Technologien ausgerichtet werden.“ Das sei ein Eingeständnis, so Velten, dass selbst für Microsoft-Mitarbeiter die Azure-Plattform zu komplex ist. „Der Vertrieb hat es häufig nicht geschafft, neue Projekte und Lösungen in Architekturen auf Azure zu übersetzen.“ Die Frage „Wie mache ich das in der Cloud?“ sei deshalb häufig unbeantwortet geblieben. „Diese Lücke versucht Microsoft nun zu schliessen.“
Die eigenen Vertriebsmitarbeiter vom Software-Verkauf wegzubringen und auf die Cloud einzuschwören, ist dabei noch die geringste Aufgabe. Wesentlich schwerer tut sich das Unternehmen, sein riesiges Partnernetz mit ins Cloud-Zeitalter zu nehmen. „Microsoft hat hier in der Vergangenheit auch viele Fehler gemacht“, sagt Velten. Mit dem Start der Business Productivity Online Suite (BPOS) und von Office 365 hätten Partner den Eindruck bekommen, Microsoft wolle in Zukunft alles direkt vermarkten. „Viele Partner haben sich alleingelassen gefühlt.“ Zwar habe sich mittlerweile vieles verbessert, es laufe aber immer noch nicht optimal. „Wie AWS braucht auch Microsoft intern und bei den Partnern mehr gute Leute.“ Anders als bei AWS und Google fehle ausserdem der Zugang zu jungen Talenten an den Universitäten. „Microsoft muss dafür sorgen, dass an den Hochschulen mehr auf Azure entwickelt wird.“
Zwiespältig wird Microsofts Schachzug gesehen, mit der Cloud Deutschland in der Treuhänderschaft von T-Systems die Daten deutscher Kunden zuverlässig dem Zugriff von NSA und Heimatschutz zu entziehen. „Eine solche Abschottung vor Zugriffen hat für manche Kunden einen positiven Aspekt, ist aber durch die fehlende nahtlose weltweite Integration für andere eher abschreckend“, sagt Steege, „AWS hat hier mit seinen Rechenzentren in Frankfurt einen klaren Vorteil.“
Crisp-Analyst Velten sieht das ähnlich: „Die Microsoft Cloud Deutschland ist perfekt für Branchen mit hohen Compliance-Anforderungen, etwa für den öffentlichen Sektor oder das Gesundheitswesen, der klassische Mittelstand ist aber eher international aktiv.“
Mit Azure Stack bietet Microsoft seit Kurzem die Möglichkeit, eine Azure-Umgebung im eigenen Rechenzentrum zu betreiben. „Wenn es Microsoft wirklich gelingt, damit hybride Cloud-Szenarien auf Azure-Basis in den Markt zu bringen, ist das eine Riesenchance“, sagt Carlo Velten.
In solchen Szenarien sieht auch der Anbieter selbst eine seiner grössten Stärken: „Microsofts Cloud-Plattform zeichnet sich durch die starke Integration von hybriden Betriebsmodellen aus“, erklärt Azure Business Lead Germany Thilo Ewald. Ihm zufolge will Microsoft in Zukunft neben den Angeboten in den Bereichen IoT und KI vor allem auch den Azure Marketplace ausbauen, der jetzt schon über 4.000 Partnerlösungen umfasst.

Google: Provider mit Nerd-Faktor

Google ist als Technologieführer hoch angesehen. Produkte wie das von ihm entwickelte und dann als Open Source freigegebene Machine-Learning-Framework TensorFlow können auf eine grosse Fangemeinde unter den Entwicklern bauen. Das Unternehmen hat sogar eigene Hardware entwickelt, die sogenannten Tensor Processing Units (TPU), die für maschinelles Lernen mit Hilfe neuronaler Netze optimiert sind. Ähnliches gilt für Big-Data-Anwendungen wie das von Goo­gle entwickelte Data-Warehouse BigQuery oder den Managed Service Dataflow für Batch- und Streaming-Analysen.
Auch der Deutschland-Chef des Rechenzen­trum-Konzerns Equinix Donald Badoux bescheinigt Google hohe technische Kompetenz: „Kunden ziehen erhebliche Vorteile aus Goo­gles sehr grossem Know-how bei Container-Services, Machine Learning, Analytics und Big-Data-Anwendungen.“
Lars Göbel
“„Die Angebote der Hyperscaler sind sehr umfangreich, aber auch sehr kompliziert“„
Lars Göbel
Leiter Strategie & Innovation bei der DARZ GmbH
Im Enterprise-Umfeld wird das Unternehmen allerdings nicht als ernsthafte Cloud-Alternative zu AWS oder Azure gesehen: „Goo­gle versucht aufzuholen, tut sich aber schwer“, sagt DARZ-Manager Göbel. „Das Unternehmen ist viel zu technisch aufgestellt und hat zu wenige Partner“, pflichtet ihm Carlo Velten bei. Die Programme seien da, das Unternehmen aber einfach noch nicht so weit, diese umzusetzen. Wenn Google zum Zuge komme, dann vor allem über die Kosten: „Das Preis-Performance-Verhältnis ist bei vielen Diensten exzellent, wenn man damit umgehen kann.“ Nachfragen zu Google kommen bei Axians nur vereinzelt vor, erklärt Jörn Steege: „Google ist vor allem dann interessant, wenn es um Analytics oder Künstliche Intelligenz geht.“
Nachholbedarf hat Google auch bei der regionalen Abdeckung. In Asien ist der Provider nur mit drei Standorten vertreten, in Südamerika überhaupt nicht. Das Fehlen einer deutschen Verfügbarkeitszone wie sie AWS und Microsoft bieten, dürfte hierzulande vor allem Anwender aus hoch regulierten oder sicherheitssensiblen Branchen bisher abgeschreckt haben. Google ist derzeit allerdings kräftig dabei, Standorte auszubauen. Erst kürzlich wurde in London eine zweite westeuropäische Region mit drei Verfügbarkeitszonen eröffnet, weitere europäische Regionen in Deutschland, Finnland und den Niederlanden sollen folgen, ebenso eine südamerikanische Dependance mit Sitz in São Paulo.

IBM als Verfolger

Schärfster Wettbewerber des Provider-Triumvirats aus Amazon, Microsoft und Google ist IBM, auch wenn das Unternehmen in den vergangenen Jahren nicht gerade durch eine klare Cloud-Strategie glänzte. Neben der 2013 für rund zwei Milliarden Dollar übernommenen Cloud-Marke SoftLayer baute IBM mit Bluemix eine zweite Plattform auf Basis des Open-Source-Frameworks Cloud Foundry auf, die Plattformdienste (PaaS) anbot, während SoftLayer für den Infrastrukturbereich (IaaS) zuständig war. Dass eine solche Trennung wenig Sinn ergibt, hat man auch bei Big Blue erkannt und beide Plattformen im vergangenen Jahr fusioniert.
Donald Badoux
“„Microsoft hat den Vorteil, dass viele Unternehmen (...) seit Jahrzehnten ihre Produkte nutzen“„
Donald Badoux
Managing Director Equinix
Germany
IBM punktet ansonsten unter anderem mit einem starken Engagement in Open-Source-Cloud-Projekten wie Cloud Foundry und OpenStack. Auch im Bereich KI ist IBM mit seinen unter der Marke Watson firmierenden Diensten durchaus eine interessante Alternative.
Auch Oracle, Salesforce und SAP wollen im Public-Cloud-Markt mitmischen, ebenso asiatische Anbieter wie Alibaba oder Huawei. DARZ hat die Alibaba Cloud bereits in seine Hybrid-Cloud-Plattform integriert, auch wenn das chinesische Unternehmen derzeit noch keine Relevanz hat. „Sie werden bestimmt einen engagierten Markteintritt in Deutschland hinlegen, sodass es noch spannend wird“, ist sich Lars Göbel sicher.
Für Alex Fürst, Vice President DACH beim Managed-Cloud-Anbieter Rackspace, haben neben AWS, Microsoft und Google VMware und die Open-Source-Lösung OpenStack die grösste Marktrelevanz. „Um jede dieser Plattformen hat sich ein umfangreiches Ökosystem an Dienstleistern, Lösungen und Software für Entwickler und Endanwender entwickelt.“

Intransparente Preise

AWS ist mit weitem Abstand Marktführer bei Public-Cloud-Plattformen. Von den prognostizierten 49,4 Milliarden Dollar Umsatz 2018 entfallen über 22 Milliarden auf AWS.
Quelle: 461 Research (n=706/655)
Alle Provider geben detailliert darüber Auskunft, was ihre Services kosten. Oft wird minutengenau abgerechnet, wobei sich die aufgerufenen Beträge im Hundertstel-Cent-Bereich bewegen können. Hinzu kommen verschiedenste, nutzungsabhängige Abrechnungsmodelle.
So bietet AWS mit den Spot Instances beispielsweise bis zu 90 Prozent Rabatt auf den On-Demand-Preis für EC2-Instanzen, wenn der Anwender Start- und Endpunkt seiner Berechnungen nicht festlegt, sondern Restkapazitäten nutzt, die der Provider ihm zuweist. Auch Reserved Instances sind wesentlich preiswerter als die flexible Nutzung, müssen dafür aber vorab für ein oder drei Jahre gebucht werden. Den höchsten Nachlass erhält man zudem bei Vorauszahlung. Beim Preismodell Dedicated Hosts schliesslich mietet der Anwender einen physischen Server, der bei Vorab-Reservierung ebenfalls deutlich günstiger als das On-Demand-Modell kommen kann.
Microsoft bietet neben einer minutengenauen, nutzungsabhängigen Abrechnung von Recheninstanzen und Abonnements sogenannte Enterprise Agreements an, die Grossunternehmen bei einer entsprechenden Nutzungszusage Preisnachlässe und flexiblere Zahlungsoptionen gewähren. Die bis vor einiger Zeit noch angebotenen 6- und 12-Monatspläne sind dagegen mittlerweile ausgelaufen. Das Unternehmen spielt geschickt mit seiner gewaltigen installierten Basis und gewährt Windows-Server-Kunden mit abgeschlossener Software-Assurance bis zu 40 Prozent Rabatt auf virtuelle Windows-Server.
Neben ebenfalls minutengenauer Abrechnung stellt Google einen automatischen Rabatt von bis zu 30 Prozent in Aussicht, wenn Compute-Ressourcen über einen „signifikanten“ Zeitraum genutzt werden. Noch im Beta-Stadium befindet sich ein Reservierungsmodell, das bis zu 57 Prozent Nachlass verspricht.
Auch wenn die Provider mit Preisrechnern und Konfigurationsvorschlägen helfen, die Aufwände abzuschätzen, und vordefinierbare Maximallimits sicherstellen, dass die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen, ist es nach wie vor alles andere als einfach, die Kosten der Cloud-Nutzung vorherzusagen.
„Alle Provider drehen ständig an ihren Preismodellen, die Nutzungsabrechnung wird immer granularer und lässt sich deshalb im Voraus nur schwer abschätzen“, kritisiert Axians-Cloud-Architect Steege. Ein Vergleich sei deshalb kaum möglich, klagt Carlo Velten: „Leistung und Kosten sind von Plattform zu Plattform und von Service zu Service sehr unterschiedlich und schwer zu vergleichen,
eine wirkliche Preistransparenz ist in der Praxis nicht ge­geben.“

Den richtigen Provider wählen

Der Preis spielt nach Erfahrungen des Crisp-Analysten bei der Wahl des Cloud-Providers aber auch nur eine untergeordnete Rolle. „Die Entscheidung für oder gegen einen Anbieter wird meist aus strategischen, weniger aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus getroffen.“ Vor allem Microsoft mit seinen leicht höheren Preisen profitiere derzeit davon, dass die Kunden vor allem in der Einstiegsphase nicht so sehr auf die Kosten schauten. „Das wird sich in den kommenden Jahren mit zunehmender Nutzung aber ändern“, ist sich Velten sicher.
Jörn Steege empfiehlt, die Provider-Wahl vom konkreten Anwendungsfall abhängig zu machen, statt lange Kriterienkataloge aufzusetzen. Häufig spielten auch die Erfahrungen eine grosse Rolle, die der Kunde bereits mit den Providern gemacht habe. „Hier hat Microsoft mit seiner grossen installierten Basis einen klaren Vorteil.“
Wie auch immer die Entscheidung ausfällt: Wer Public-Cloud-Ressourcen optimal nutzen will, braucht sehr viel Wissen über die Architektur des jeweiligen Anbieters. Das Analystenhaus Gartner empfiehlt deshalb, sich auf einen Haupt-Provider festzulegen und dessen Dienste nach Bedarf um Services der Wettbewerber zu ergänzen, auch um einen totalen Vendor-Lock-in zu verhindern. „Viele Unternehmen setzen auf eine Mischung aus unterschiedlichen Clouds, um deren spezifische Stärken nutzen zu können“, sagt Alex Fürst von Rackspace.
Andreas Weiss
“„Aus Aspekte wie Datenschutz und Compliance, allgemeine Rechtsvorschriften sowie die Wahrung der Betriebs­geheimnisse (...) müssen beachtet werden“„
Andreas Weiss
Direktor EuroCloud_eco
Auch Jörn Steege beobachtet diesen Trend zur Multi-Cloud: „Die meisten Kunden wollen sich nicht mit einem einzigen Cloud-Provider verheiraten, sondern suchen für eine bestimmte Aufgabe die beste Lösung.“
Andreas Weiss, Direktor EuroCloud Deutschland_eco, wiederum warnt davor, die Entscheidung dabei nur unter IT-Gesichtspunkten zu fällen: „Die Konsequenzen sind viel weitreichender, denn auch Aspekte wie Datenschutz und Compliance, allgemeine Rechtsvorschriften sowie die Wahrung der Betriebsgeheimnisse müssen (…) beachtet werden.“ Hilfestellung biete beispielsweise das Informationsportal Trusted Cloud, so Weiss weiter. „Hier ist auch eine Checkliste zur Bewertung von Cloud-Anbietern verfügbar.“

Fazit

Zumindest im deutschen Enterprise-Markt machen derzeit AWS und Microsoft Azure klar das Rennen. Beide arbeiten mit Hochdruck an ihren Defiziten und nähern sich in puncto Funktionsangebot, aber auch, was den Marktzugang angeht, allmählich immer mehr an. Diese Entwicklung bedeutet allerdings bei Weitem nicht, dass sich Services zwischen den verschiedenen Providern austauschen oder Workloads einfach hin und her schieben liessen – im Gegenteil: Nach wie vor machen es fehlende Standards, unterschiedliche Bereitstellungsmodelle und Preisstrukturen nahezu unmöglich, Cloud-Dienste sinnvoll zu vergleichen oder gar schnell von einem Anbieter zum anderen zu wechseln – nicht zuletzt auch deshalb, weil oft grosse Mengen von Daten in der Cloud lagern, die nur mit hohem Aufwand und signifikanten Kosten wieder herauszubekommen sind.
Der Weg in die Multi-Cloud geht deshalb oft über einen Mittler wie Axians, DARZ oder Rackspace, die mit mehreren Providern zusammenarbeiten und so die Kombination erleichtern. Wer allerdings Höchstleistung aus der Cloud he­rausholen und Konzepte wie Serverless Computing umsetzen will, wird wohl nicht darum herumkommen, sich zumindest in Teilbereichen sehr stark an einen Provider zu binden und seine Applikationen eng an dessen Services entlang zu entwickeln.
Im Vergleich: AWS, Microsoft Azure, Google Cloud Platform1)
Hersteller / Produkt Amazon Web Services / AWS Microsoft / Microsoft Azure Google / Google Cloud Platform
Abrechnungsintervall: Minute / Stunde / Monat / Sonstiges ● / ● / ● / ● 2) ● / ● / ● / ● 3) ● / ● / ● / ○
Bereitstellungsmodell: Private / Public / Hybrid / On-Premise ○ / ● / ● / ○ 4) ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ○ / ○
Sonstige Bereitstellungsmodelle Microsoft Azure Deutschland
RZ-Standorte: Nordamerika / Südamerika / Asien / Afrika ● / ● / ● / ○ ● / ● / ● / ● 5) ● / ● / ● / ○
Rechenzentren in Europa (außer Deutschland)
Rechenzentren in Deutschland ○ 6)
Zahl der Rechenzentren bzw. Zonen: Nordamerika / Europa / Deutschland 19 / 5 / 3 7) 13 / 6 / 2 13 / 6 / 0 8)
Zertifizierungen I: C5 9)/ Cloud Privacy Check (CPC) / Certified Cloud Service / EuroCloud Star Audit (ECSA) / EuroCloud Deutschland (ECDC) ● / ○ / ○ / ○ / ○ ● / ○ / ○ / ○ / ○ ○ / ○ / ○ / ○ / ○
Zertifizierungen II: ISO 14001 / ISO-EC 27001 / 27017 / 27018 ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ● / ●
Lösungen I: IaaS / PaaS / E-Commerce / CRM / ERP ● / ● / ○ / ○ / ○ 10) ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ○ / ○
Lösungen II: Big Data / KI und ML / Marketing / IoT ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ●
Datenbanken: MySQL /PostgreSQL / Microsoft SQL Server / MongoDB ● / ● / ● / ○ 11) ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ○ 12)
Storage: Block / File / Object / Data Lake ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ○
Management-Services: Monitoring / automatische Skalierung / Load Balancing / Datensicherung / Archivierung / Netzwerk (DNS, VPN) ● / ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● / ● / ●
Integrierter Marktplatz / Anzahl Apps ● / mehr als 3800 ● / 4067 ● / mehr als 160
Teststellung für die meisten Services kostenlos Azure Trial 170 Euro für 30 Tage 300 Dollar für 12 Monate
Im Vergleich: AWS, Microsoft Azure, Google Cloud Platform1)
Hersteller / Produkt Amazon Web Services / AWS Microsoft / Microsoft Azure Google / Google Cloud Platform
Abrechnungsintervall: Minute / Stunde / Monat / Sonstiges ● / ● / ● / ● 2) ● / ● / ● / ● 3) ● / ● / ● / ○
Bereitstellungsmodell: Private / Public / Hybrid / On-Premise ○ / ● / ● / ○ 4) ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ○ / ○
Sonstige Bereitstellungsmodelle Microsoft Azure Deutschland
RZ-Standorte: Nordamerika / Südamerika / Asien / Afrika ● / ● / ● / ○ ● / ● / ● / ● 5) ● / ● / ● / ○
Rechenzentren in Europa (außer Deutschland)
Rechenzentren in Deutschland ○ 6)
Zahl der Rechenzentren bzw. Zonen: Nordamerika / Europa / Deutschland 19 / 5 / 3 7) 13 / 6 / 2 13 / 6 / 0 8)
Zertifizierungen I: C5 9)/ Cloud Privacy Check (CPC) / Certified Cloud Service / EuroCloud Star Audit (ECSA) / EuroCloud Deutschland (ECDC) ● / ○ / ○ / ○ / ○ ● / ○ / ○ / ○ / ○ ○ / ○ / ○ / ○ / ○
Zertifizierungen II: ISO 14001 / ISO-EC 27001 / 27017 / 27018 ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ● / ● ○ / ● / ● / ●
Lösungen I: IaaS / PaaS / E-Commerce / CRM / ERP ● / ● / ○ / ○ / ○ 10) ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ○ / ○
Lösungen II: Big Data / KI und ML / Marketing / IoT ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ●
Datenbanken: MySQL /PostgreSQL / Microsoft SQL Server / MongoDB ● / ● / ● / ○ 11) ● / ● / ● / ● ● / ● / ○ / ○ 12)
Storage: Block / File / Object / Data Lake ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ○
Management-Services: Monitoring / automatische Skalierung / Load Balancing / Datensicherung / Archivierung / Netzwerk (DNS, VPN) ● / ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● / ● / ● ● / ● / ● / ● / ● / ●
Integrierter Marktplatz / Anzahl Apps ● / mehr als 3800 ● / 4067 ● / mehr als 160
Teststellung für die meisten Services kostenlos Azure Trial 170 Euro für 30 Tage 300 Dollar für 12 Monate




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