Arbeiten 2.0 01.02.2016, 09:28 Uhr

Collaboration: Moderne Teamarbeit im virtuellen Team

Die Zusammenarbeit in virtuellen Teams wird in Büros immer wichtiger. Collaboration bringt viele Vorteile – aber auch eine Reihe von Herausforderungen.
Team Vernetzt Symbole
(Quelle: shutterstock.com/Macrovector; Jemastock)
Die E-Mail ist tot – es lebe die E-Mail: Wenn es um die Zukunft des Arbeitens in deutschen Büros geht, dann scheiden sich die Geister. Die einen glauben, vor allem die jüngere Generation sei die E-Mail-Flut leid und bevorzuge auch im Berufsleben Tools wie Facebook und Twitter. Die anderen gehen davon aus, dass auch Digital Natives künftig noch E-Mails versenden – und auch weiterhin zum Telefon greifen werden, wenn sie eine schnelle Antwort auf eine offene Frage brauchen.
Bei dieser Diskussion geht es allerdings nur vordergründig um die Existenzberechtigung von E-Mail und Telefon. Letztlich dreht es sich um die Frage, wie die Arbeitsplätze von morgen aussehen. Dass sie sich verändern werden, das bezweifelt kaum jemand. Denn schliesslich befinden sich auch die Rahmenbedingungen im Wandel.
Im Zentrum steht dabei die Zusammenarbeit in Teams, vor allem virtuellen Teams, die an mehreren Standorten ihren Schreibtisch haben, mobil arbeiten und auch häufig bei Dienstleistern tätig sind. Laut einer Studie von PAC glauben 70 Prozent der befragten Führungskräfte, dass die Zusammenarbeit immer wichtiger für den Geschäftserfolg sein wird. Teamarbeit ist demnach ein integraler Bestandteil des Arbeitsalltags, der Austausch von Informationen und Dokumenten wird dabei immer wichtiger – Stichwort Collaboration.

Darum ist Collaboration so wichtig

Der Trend ist nicht neu, wird sich aber verstärken. Und damit wachsen auch die Her­ausforderungen für das Management der Daten. Laut der PAC-Studie verbringen Mitarbeiter heute durchschnittlich ein Drittel ihrer Arbeitszeit damit, den Austausch von Informationen zur Zusammenarbeit zu managen. Knapp ein Fünftel dieser Zeit könnte aus Sicht der befragten Manager eingespart werden, wenn dies technisch und organisatorisch optimal unterstützt würde.
Die Realität sieht allerdings anders aus: Knapp die Hälfte der von PAC befragten Führungskräfte bewertet die technischen, organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen bestenfalls als „mittelmässig“. Die Folgen wurden ebenfalls in der Studie analysiert: Die Konzentration auf die Kernaufgaben leidet (69 Prozent), Mitarbeiter sind frustriert (66 Prozent), die Innovationsfähigkeit geht zurück (49 Prozent) – und damit auch die Produktivität (38 Prozent).

Positiver Effekt durch Collaboration

Welche Bedeutung der Einsatz von Collaboration-Tools in Unternehmen hat, unterstreicht zudem eine Studie von Techvalidate im Auftrag von Citrix. Demnach wächst in vielen Fachabteilungen die Einsicht, dass Collaboration für den Geschäftserfolg immer wichtiger wird. Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass sich die Produktivität der Mitarbeiter durch den Einsatz von entsprechenden Tools leicht verbessert hat, 29 Prozent gaben bei dieser Frage an, die Produktivität habe sich stark verbessert.
Nur zwei Prozent sagten, dass dies die Produktivität negativ beeinflusst habe. Eine Verschlechterung der Work-Life-Balance sehen die Befragten dieser Studie mehrheitlich nicht. 51 Prozent der Befragten gaben an, das Zusammenspiel zwischen Beruf und Privatleben habe sich nicht verändert, 33 Prozent attestieren eine leichte Verbesserung und 14 Prozent sogar eine starke Verbesserung. Nur zwei Prozent sagten, ihre Work-Life-Balance habe sich leicht verschlechtert.
Es gibt also vieles, was für Collaboration spricht, aber auch eine ganze Reihe von Widrigkeiten, die es zu überwinden gilt. Die Hürden effektiver Zusammenarbeit sind häufig technischer Natur. So kritisieren 42 Prozent der von PAC Befragten die eingeschränkte mobile Nutzung der eingesetzten Collaboration-Tools, 40 Prozent sehen sich von der Vielzahl der Anwendungen überfordert und 38 Prozent finden, die Collaboration-Anwendungen seien schlecht in die Arbeitsprozesse inte­griert und damit zu aufwendig für den Arbeitsalltag. Anwender wünschen sich deshalb eine integrierte Gesamtlösung, die einfach zu bedienen, sicher und vor allem auch mobil nutzbar ist.
Eine Reihe von Herstellern – auch und vor allem aus dem Unified-Communications-Bereich – trägt dieser Forderung mittlerweile Rechnung. So hat Cisco beispielsweise Ende vergangenen Jahres mit Spark eine vollkommen neue Collabora­tion-Plattform angekündigt. Spark verbindet Chats, Videoanrufe und Screensharing und kann gleichermassen am Schreibtisch, im Konferenzraum und auf mobilen Endgeräten genutzt werden.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Unify mit der WebRTC-Lösung Circuit; aber auch Microsoft und IBM haben entsprechende Projekte auf den Markt gebracht. Ihnen ist gemeinsam, dass die bisherigen Grenzen zwischen den Kanälen, Endgeräten und Anwendungen durch die Zusammenführung auf einer Bedienoberfläche verschwinden.
Daneben gibt es noch eine Vielzahl reiner Collaboration-Lösungen, die in der Regel aus der Cloud heraus angeboten werden. Bei diesen steht meist das Thema „Social Business“ im Vordergrund; Anbieter sind hier unter anderem Asana, Basecamp, Jive oder auch Slac.
Aber auch der Primus unter den sozialen Netzwerken möchte in diesen Markt einsteigen und mit Facebook at Work einen Dienst für die interne Unternehmenskommunikation anbieten. Ende vergangenen Jahres konnte Facebook mit der Royal Bank of Scotland den ersten Grosskunden für den Dienst gewinnen – und dies, obwohl Facebook at Work sich noch in der Beta-Phase befindet. Der offizielle Vermarktungsstart soll aber in Kürze folgen.

Die Akzeptanz der Mitarbeiter entscheidet

Die Beispiele zeigen nur eine kleine Auswahl der vielfältigen Lösungen – doch gerade dies macht die Entscheidung für oder gegen ein Tool so schwierig. Und oft sind es nicht in erster Linie die technischen Hürden, die es bei der Einführung von Collaboration-Tools zu überwinden gilt, sondern organisatorische und auch menschliche.
Nur wenn die Mitarbeiter aktiv mitwirken, eine Lösung beständig nutzen, bringt sie auch den gewünschten Erfolg. Fehlt aber die Akzeptanz der Angestellten – oder auch die Unterstützung des Managements –, so sind die Projekte meist zum Scheitern verurteilt. Dies berichtet auch Marc Herzmann, UCC-Experte bei Computacenter (siehe Interview, nächste Seite). Und dies ist wohl die grösste Herausforderung für Hersteller und Systemhäuser.

Interview mit Marc Herzmann

Marc Herzmann, Cisco UC Leader & Lead Consultant bei Computacenter: „Wenn Anwender eine Lösung nicht akzeptieren, kann ein Projekt komplett in Ungnade fallen“
Telecom Handel sprach mit Marc Herzmann, UCC-Spezialist bei Computacenter, über aktuelle Collaboration-Trends und deren Umsetzung bei Kunden
Telecom Handel: Moderne UCC-Plattformen bieten dem Anwender schier unendliche Möglichkeiten. Doch werden diese auch genutzt und damit das Potenzial der Lösungen voll ausgeschöpft? Oder sieht die Realität in den Unternehmen anders aus?
Marc Herzmann: Benutzerakzeptanz ist ein ganz wichtiger Punkt, das stellen wir bei allen Projekten fest. Wenn Anwender eine Lösung nicht akzeptieren, kann ein Projekt komplett in Ungnade fallen. Das ist im Übrigen unabhängig vom Alter der Nutzer, jüngere Mitarbeiter sind neuen Technologien gegenüber nicht grundsätzlich aufgeschlossener als ältere.

Wie sorgen Sie bei Ihren Kunden für eine breite Akzeptanz der Mitarbeiter?

Herzmann: Der Königsweg ist unserer Meinung nach, den Anwender von Anfang an mit auf die Reise zu nehmen. Dann ist die Akzeptanz deutlich grösser, als wenn man die Mitarbeiter vor vollendete Tatsachen stellt. Sehr gute Erfahrungen haben wir zudem mit einem sogenannten Proof of Concept (PoC) gemacht, das bei allen unseren grösseren Projekten zum Einsatz kommt. Dabei bauen wir eine Pilotstellung beim Kunden auf, die in die wirkliche Arbeitsumgebung des Kunden integriert wird. Diese Teststellungen laufen dann nicht nur ein paar Tage, sondern mehrere Wochen und stehen einem ausgewählten Nutzerkreis zur Verfügung.
Ein aufwendiger Prozess …
Herzmann: ... der sich aber auf jeden Fall lohnt, denn mit diesem Ansatz können wir nicht nur auf dem Papier feststellen, wie sich die ­Arbeitsprozesse in Unternehmen durch den Einsatz einer modernen Kommunikationsplattform verbessern. Wir können dies auch mit konkreten Fakten beweisen.

Stichwort moderne Kommunikationsplattformen. Erst vor kurzem hat Cisco Details zu seiner neuen Kommunika­tionsplattform Spark veröffentlicht. Was ist wirklich neu an dieser Lösung, dem Nachfolger von Project Squared?
Herzmann: Spark ist ein völlig neuer Service von Cisco, der auf der Collaboration-Cloud des Herstellers basiert. Spark vereinheitlicht alle Kommunikationskanäle wie Telefonie, Video, Instant Messaging und Webconferencing. Cisco spricht hier von Spark Calling, Spark Messaging und Spark Meeting. Vor allem kann mit Spark Calling nun eine Telefoniefunktion komplett aus der Cloud bezogen werden, das ist neu bei Cisco. In der hybriden Form kann Spark darüber hinaus auch Cloud- mit On-Premise-Diensten verbinden, somit ist eine Integration in bestehende ­Cisco-Lösungen der Kunden einfach möglich. Auch sind die Kalender- und Adressbuchintegration mit Spark Hybrid Services leicht realisierbar.
Gibt es dabei auch Connectoren für Systeme von Drittanbietern?
Herzmann: Das ist sicherlich möglich, aber nicht immer sinnvoll. Vor allem im Enterprise-Bereich mit mehreren Standorten bevorzugen Kunden Ende-zu-Ende-Lösungen mit möglichst wenigen Schnittstellen für die Einbindung von Drittherstellern, vor allem um die Komplexität dieser Installationen zu redu­zieren. Eine Einbindung in die Geschäftsprozesse der Kunden ist dagegen vergleichsweise einfach, da Cisco die Programmierschnittstellen von Cisco  Spark offengelegt hat und hierfür gleichzeitig eine neue Entwicklerplattform zur Verfügung stellt.

Es gibt derzeit vor allem vier konkurrierende Systeme, die sich im Ansatz stark ähneln. Spark von Cisco, Circuit von Unify, Verse von IBM und Skype for Business von Microsoft. Wo sehen Sie die grundlegenden Unterschiede?
Herzmann: Cisco bietet eine Ende-zu-Ende-Lösung, sowohl für die Hardware, On-Premise und auch in der Cloud. Bei den anderen Plattformen müssen für bestimmte Anwendungen die Produkte von Drittanbietern eingebunden werden, beispielsweise hat Microsoft nur einige Endgeräte, Circuit hat keine Videokonferenzlösungen für grosse Räume und IBM macht überhaupt keine eigene Hardware.

Circuit basiert auf WebRTC und bietet Echtzeitkommunikation über den Browser. Wird das Modell Ihrer Meinung nach Schule machen?
Herzmann: WebRTC funktioniert unserer Erfahrung nach sehr gut, und alle Hersteller arbeiten an entsprechenden Lösungen. Aber auch hier kann es zu einem Bruch kommen, beispielsweise wenn ein Unternehmen Raumsysteme für Videokonferenzen im Einsatz hat und diese in eine WebRTC-Lösung einbinden möchte.

Welchen Trend sehen Sie beim Thema UCC für die kommenden Monate?

Herzmann: Ich bin davon überzeugt, dass Video und Voice immer mehr zusammenwachsen. Letztlich wird das Endgerät dar­über entscheiden, ob ein Voice- oder Video-Call zustande kommt. Auch Mobility wird weiterhin zunehmen. Und natürlich die Integration der Kommunikationsplattformen in die Geschäftsprozesse.




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