14.01.2014, 00:00 Uhr

Weltbild Deutschland scheitert an der Digitalisierung

Am Freitag hat die Verlagsgruppe Weltbild in Augsburg Insolvenz angemeldet. Der Grund: Die Kosten für die Transformation in ein digitales Unternehmen sind doppelt so hoch wie angenommen. Nun muss sich die katholische Kirche als Gesellschafter gegen Vorwürfe wehren, sie habe die Zahlungsunfähigkeit fahrlässig verursacht.
Augsburgs Oberbürgermeister verbreitet hingegen Optimismus.
"Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren." Mit diesen Worten erklärte der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, den Insolvenzantrag der Weltbild-Gruppe gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Noch im November 2013 hatten die Gesellschafter - das sind zwölf katholische Diözesen, die Soldatenseelsorge Berlin sowie der Verband der Diözesen Deutschlands - mit einer Zusage für Investitionen in Höhe von 60 Millionen Euro die Insolvenz abgewendet.

Doch das Geld reicht nicht aus, um aus der Verlagsgruppe ein Unternehmen zu machen, das auch künftig im Wettbewerb bestehen kann. Die Transformation in ein Digitalunternehmen hätte 135 Millionen Euro gekostet - eine Summe, die die Gesellschafter nicht investieren wollten. Weltbild selbst nennt den Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr 2013 als Auslöser für den Kostenanstieg.

Die Verluste der vergangenen Monate entstanden laut Weltbild durch "den gezielten Rückbau von Altgeschäften im Bereich der Filialen und des Kataloges auf den für das Online- und Digitalgeschäft künftig noch sinnvollen Kern." Parallel zum Ausbau des Internetgeschäfts sollten die stationären Filialen nur noch eine "ergänzende Funktion" einnehmen. Das bedeutet, dass Geschäfte geschlossen oder Verkaufsflächen verkleinert werden - wie es bereits geschehen ist. Im Digitalgeschäft wollte Weltbild künftig vor allem auf den E-Reader Tolino setzen, der als Kooperationsprojekt von Thalia, Weltbild, Hugendubel, Club Bertelsmann sowie der Deutschen Telekom Amazons Vormachtstellung auf dem E-Book-Markt angreifen will.

Zu Weltbild gehören die Online-Shops Weltbild.de, Jokers.de und Kidoh.de, an bücher.de ist das Unternehmen mit 33 Prozent beteiligt. Erst im April 2013 hat Weltbild einen zweistelligen Euro-Millionenbetrag in die Logistik investiert und ein vollautomatisches Kommissionierlager in Lechhausen eröffnet. Wie hoch der Anteil des Onlinegeschäfts am Umsatz der Verlagsgruppe ist, teilt das Unternehmen nicht mit. Bei der Marke Weltbild selbst beträgt er 40 Prozent. Über den Ertrag ist allerdings nichts bekannt.
Der Insolvenzantrag betrifft ausschliesslich die Verlagsgruppe Weltbild GmbH in Augsburg. Nicht betroffen sind die Filialen sowie die Gesellschaften in Österreich und der Schweiz sowie bücher.de.

Zum letzten Mal hat Weltbild Ende Juni 2012 Zahlen veröffentlicht, damals lag der Umsatz bei knapp 1,6 Milliarden Euro. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 6.800 Mitarbeiter. Unmittelbar betroffen sind 2.200 Angestellte der Augsburger Konzernzentrale, die voraussichtlich bis Ende März 2014 Insolvenzgeld erhalten sollen. Die Auswirkungen auf die übrigen Mitarbeiter sind noch nicht absehbar. Marx kündigte in der Süddeutschen Zeitung Hilfen für die Betroffenen an: "Wir sind kein skrupelloser Unternehmer, der die Mitarbeiter einfach davonjagt."

Optimismus verbreitet unterdessen der Augsburger Bürgermeister Kurt Gribl (CSU). Nach einem Gespräch, an dem am Samstag unter anderem auch Vertreter des Betriebsrats und der Gewerkschaft, nicht jedoch der Kirche teilnahmen, sagte Gribl, er gehe derzeit von einer positiven Prognose für eine Fortführung des Unternehmens aus. Das berichtet die Wirtschaftswoche. (ph/iw)



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