Eigener Server statt Public Cloud 17.12.2016, 16:23 Uhr

Herausforderungen für KMUs wachsen

Viele KMUs suchen einen Weg zwischen eigener IT und Cloud. Die ideale Umsetzung variiert allerdings von Unternehmen zu Unternehmen. com! professional zeigt, worauf es zu achten gilt.
(Quelle: Fotolia / bakhtiarzein)
Reibungsloser Betrieb, einheitliche Datenhaltung, hohe Datensicherheit, flexible Skalierbarkeit: Das ist die Idealvorstellung von moderner IT. Die Realität sieht oft anders aus. Bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen bestimmt ein Durcheinander den Alltag. Doch wie lässt sich dieses ohne eigene IT-Abteilung in den Griff bekommen?

Fluch des Wachstums

Wenn KMUs wachsen, ist das Fluch und Segen zugleich. Stapeln sich die Aufträge, gibt es erst einmal Wichtigeres, als sich um Themen wie IT-Organisation und Ausstattung zu kümmern. In der Regel ist ja auch bereits alles Nötige vorhanden.
Zur typischen Grundausstattung kleiner Betriebe zählen:
  • Computer, Telefonanlage, Smartphone und Internetzugang
  • Kleine NAS-Server für die gemeinsame Datenablage
  • Kostenlose Cloud-Anwendungen wie Dropbox, Evernote, Gmail und Trello, die den Arbeitsalltag erleichtern
Ebenfalls typisch: Es fehlt an spezifischem Know-how und übergeordneter Planung. Viele Systeme entwickeln sich im Zuge des Unternehmenswachstums organisch und unkoordiniert, weil es an Mitteln und Personal mangelt. So kommt es zu ineffizienten Einzellösungen statt eines überschaubaren, integrierten Gesamtsystems.
Ebenso fehlt es häufig an Sicherheitsstrukturen, etwa hinsichtlich Nutzerberechtigungen, Datensicherung oder WLAN-Absicherung. Und grundlegende Produktivitätsfunktionen, beispielsweise standort­unabhängiges Arbeiten per VPN oder Termin- und Adressdatenverwaltung im Team, sind nicht konsequent umgesetzt.
Aus diesem Grund suchen Mitarbeiter oft auf eigene Faust nach Lösungen, etwa für Projektaufgaben, Datenbank-Ser­vices, Bürokommunikation und Collaboration. Das birgt Gefahren, denn das Etablieren von Anwendungen ohne das nötige Wissen ist heikel. Es entsteht technischer Wildwuchs, der ungeahnte Probleme mit sich bringt. Was etwa, wenn ein Mitarbeiter ausfällt und keiner nachvollziehen kann, wie und wo er wichtige Daten gespeichert hat?

Die Grenzen einfacher Lösungen

Kurzum – ohne klare IT-Struktur kann es nur funktionieren, solange das Team sehr klein und die IT-Anforderungen überschaubar sind. Wenn aber Mitarbeiterzahl und Umsätze steigen, müssen andere Lösungen her. Die IT-Anforderungen unterscheiden sich dann im Prinzip kaum noch denen in Grossunternehmen. Kundendaten müssen verwaltet, Daten geschützt und Front- und Backoffice-Prozesse bestmöglich unterstützt werden. Darüber hinaus gilt es, Datenschutzricht­linien und Compliance-Regeln einzuhalten.
“„Oft ist ein Kompromiss die beste Lösung: ein eigener Datenspeicher mit schneller Internet­anbindung.“„
Ralf Dyllick-Brenzinger
Geschäftsführer ionas GmbH
Spätestens beim ersten grossen Systemausfall, wenn alle Räder stillstehen, wird der Ruf nach einer zuverlässigen Lösung laut. Dann tauchen allerdings oftmals ganz an­dere Schwierigkeiten auf:
Hohe Fixkosten: Oft ist kein Budget für neue IT-Systeme vorhanden. Grosse IT-Investitionen lohnen sich angesichts der geringen Unternehmensgrösse nicht.
Kein Personal: Wer soll sich um die Implementierung kümmern? Kleine Firmen beschäftigen selten IT-Profis. Allenfalls gibt es Mitarbeiter, die sich ganz gut auskennen und nebenbei administrative Aufgaben übernehmen und Probleme lösen. Die erfolgreiche Umsetzung eines unternehmensweiten IT-Projekts von A bis Z ist eine ganz andere Nummer.
Undurchsichtiger Markt: Die Auswahl an Mittelstandslösungen wächst zwar, echte KMU-Angebote sind aber weiterhin rar. Vielfach handelt es sich um verschlankte Lösungen für grosse Unternehmen. In der Praxis erweisen die sich dann nicht selten als zu kompliziert und zu teuer.

Cloud-Services sind nicht immer ideal

Aus diesem Grund setzen immer mehr KMUs auf Cloud-Lösungen. Für ihre Ansprüche scheinen sie optimal zu sein. Innerhalb kürzester Zeit sind sie einsatzbereit und statt hoher Einrichtungskosten fällt eine variable Nutzungsgebühr an. Vor allem ist auch der Management-Aufwand gering. Die Wartung übernimmt der Cloud-Anbieter. Updates werden aufgespielt, Software-Fehler ohne Zutun beseitigt und auch Backups werden häufig automatisch angelegt.
Das Prinzip der Cloud ist simpel: Dank immer schnellerer Internetverbindungen werden Daten und Anwendungen nicht lokal auf Festplatten gespeichert und ausgeführt, sondern in den Rechenzentren der Cloud-Anbieter. Eine schnelle Internetverbindung ersetzt so ein internes Datacenter beziehungsweise eine eigene IT-Infrastruktur.
Auch wenn die Vorteile auf der Hand zu liegen scheinen, so gibt es auch Bedenken. Was passiert etwa mit den eigenen Daten, wenn der Cloud-Anbieter pleitegeht oder Opfer von Hackern wird? Was ist, wenn eine Verbindung zum Cloud-Dienst – aus welchen Gründen auch immer – nicht zustande kommt? Und wie sieht es mit Geheimnisschutz und anderen rechtlichen Fragen aus, gerade wenn der Server im Ausland steht?  Weitere kritische Aspekte sind:
Kosten: Der Vorteil, Kauf durch Miete zu ersetzen, kann trügerisch sein; langfristig sind Cloud-Dienste häufig nicht so kompetitiv wie sie zunächst erscheinen – insbesondere wenn anfängliche „Schnupperangebote“ auslaufen.
Mangelnde Flexibilität: Cloud-Dienste lassen sich nur innerhalb der vom Anbieter gesetzten Grenzen anpassen, einer optimalen Integration in andere Systeme können damit unüberwindbare Hindernisse gegenüberstehen.
Abhängigkeit: Hat man seine Prozesse erst einmal auf die Cloud ausgerichtet und seine Daten dort, dann sind die Wechselhürden sehr hoch. Preisänderungen des Anbieters hat man wenig entgegenzusetzen, ebenso schlechterem Service oder nachlassender Leistungsfähigkeit.
Komplexität: Cloud-Verträge haben es mitunter in sich. Sie erfordern detaillierte Haftungsregeln und Klauseln zur Sicherung der Rechte des Auftraggebers. Hier gilt es, genau hinzusehen.

Eigene Cloud als Alternative

Die entscheidende Frage, die sich KMUs also stellen müssen: Auf Cloud-Dienste setzen und damit hohe Lizenzgebühren und einen fest definierten Funktionsumfang akzeptieren? Oder die IT selbst in die Hand nehmen und mit grösserer Verantwortung auch grössere Flexibilität erlangen? Oftmals ist ein Kompromiss die beste Lösung, sprich ein eigener Datenspeicher mit schneller Internetanbindung.
Das Prinzip: Diese Server speichern sämtliche Daten lokal, gleichzeitig stehen die Daten in einer privaten Cloud für den Abruf per Internet bereit. Der Vorteil: Im Gegensatz zu öffentlichen Public-Cloud-Diensten liegt die volle Datensouveränität weiterhin beim Unternehmen. Kein fremder Administrator kann auf die Daten zugreifen, ebenso wenig die Sicherheitsdienste, die, wie die Unterlagen von Edward Snowden zeigen, mit den grossen IT-Unternehmen „kooperieren“. Die Kontrolle bleibt beim Unternehmen.
Einige dieser Server sind speziell auf die IT-Bedürfnisse kleiner bis mittlerer Unternehmen zugeschnitten. Die Infrastruktur lässt sich unabhängig von Unternehmensgrösse und Branche komplett an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Dank offener Schnittstellen lassen sich bereits vorhandene Anwendungen weiternutzen und Daten mit anderen Systemen austauschen. Die Möglichkeit, Open-Source-Programme zu integrieren, steigert Flexibilität und Rentabilität zusätzlich.
Die Befürchtung, dass dadurch ein immenser Migrationsaufwand entsteht, den nur Experten stemmen können, ist oft unbegründet. Wer auf Projekte mit breiter Nutzerbasis setzt, findet an vielen Stellen Hilfe. Keine Frage, der Einsatz von eigenen Cloud-Servern ist aufwendiger. Anbieter solcher Server – wie zum Beispiel die ionas GmbH – offerieren da­her auch Services wie Konfiguration, Inbetriebnahme und Wartung.

Fazit

Viele KMUs lassen IT-Potenziale ungenutzt. Weder vertikal skalierte Privatanwenderlösungen, ein historisch gewachsenes Durcheinander noch schlecht passende und teure Grossunternehmen-Lösungen sind optimal. Cloud-Lösungen können ein interessanter Ansatz sein, wichtig ist bei der Neuausrichtung aber die Gesamtbetrachtung, die neben der Prozess­optimierung vor allem geringen Aufwand, Benutzerfreundlichkeit und überschaubare Kosten miteinschliesst.




Das könnte Sie auch interessieren