Fabian Westerheide, Asgard Capital 05.09.2016, 08:05 Uhr

Chatbots machen Apps und Websites überflüssig

Je intelligenter Chatbots werden desto mehr können sie uns abnehmen - und damit den Umgang mit Apps und Webseiten komplett auf den Kopf stellen. Davon ist der Investor Fabian Westerheide überzeugt.
Fabian Westerheide, Gründer des Wagniskapitalgebes Asgard Capital
Spätestens seit Facebook die Chatbot-Funktionalitäten für seinen Messenger immer weiter aufbohrt, entstehen täglich neue Bots, die uns das Leben erleichtern sollen. Ein Beispiel ist Chatshopper, ein Berliner Unternehmen, das seinen Kunden per Chatbot im Facebook Messenger gesuchte Modeartikel präsentiert. Dahinter liegt eine Text- und Spracherkennung, die die Kundenwünsche analysiert und mit dem Angebot vom Modepartner Zalando abgleicht. Auch für die Facebook-Tochter WhatsApp gibt es erste Bot-basierte Services, wie etwa die Einkaufsliste vom Lebensmittelversender Allyouneedfresh.de.
Noch stehen Services per Chatbot am Anfang, die Systeme können erst einfache Gespräche führen. Doch je intelligenter die Chatbots werden desto mehr können sie künftig für uns erledigen. Fabian Westerheide, Gründer des Wagniskapitalgebes Asgard Capital, ist überzeugt, dass Chatbots schon in drei bis fünf Jahren viele Apps obsolet machen werden. Asgard Capital hat sich auf Investments in Start-ups aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Virtuel Reality, Robotics, Drohnen und Internet der Dinge fokussiert. Im Interview mit Internet World erklärt er, wo er Potenzial sieht.
Welche Bedeutung hat künstliche Intelligenz für Chatbots?
Fabian Westerheide: Die meisten der heutigen Chatbots haben noch keine künstliche Intelligenz (KI). Sie ist für Chatbots aber enorm wichtig, denn erst mit KI lernt der Bot mit. Ein wesentlicher Teil von Intelligenz ist das Textverständnis, ein anderer ist das Mitdenken, also das Anpassen an den Menschen. Daher wird KI in mindestens zwei Bereichen verwendet: bei der Sprache und beim Lernen. Der fachliche Begriff ist Machine Learning. Alte Chatbots basierten darauf, dass sie Keywords im Text erkennen und dementsprechend vorgeschriebene Textbausteine wiedergeben. In sehr engen Gesprächen fiel das nicht auf. Doch mit KI werden Chatbots breitere Gespräche führen. Teilweise können sie es bereits. Sie erkennen die Stimmung des Menschen und die Absichten.
Was werden Chatbots künftig können?
Westerheide: Chatbots werden zukünftig uns eine Menge Arbeit abnehmen. Wir werden einfacher mit den Maschinen -bisher das Handy oder der PC -  kommunizieren können. Viele Webseiten werden dadurch obsolet werden. Statt auf eine Flugpreisvergleichseite zu gehen und dort viele Felder auszufüllen, kann man dem Chatbot schreiben, was man sucht. So gesehen ist der Bot wie ein Agent für uns, welcher wiederum mit anderen Maschinen, etwa der Datenbank der Fluggesellschaft kommuniziert. Wir können auf natürlichere Art und Weise Informationen erhalten über Flüge, Hotels, Restaurants, ebenso über Firmen, Bewerbungen, Termine, Retouren. Die Bots werden für uns Aufträge erledigen wie 'Bitte suche mir ein Hotel für den 18.9.16 in Hamburg unter 90€ Nähe Alster' oder auch als Ansprechpartner dienen für Fragen wie 'ich würde gerne ein Paket zurück senden. Wie geht das?'.
Welcher Automatisierungsgrad ist erreichbar?
Westerheide: Alles, was digital ist, kann automatisiert werden. Die Chatbots greifen nur die Daten von uns Menschen auf eine für uns natürliche Art ab. Danach werden die Daten von Maschine zu Maschine gesendet. Es gibt bereits Chatbots, bei denen ich mit einer App über 50 Dienstleistungen bekomme - von Wäsche abholen, Taxi bestellen, Essen liefern bis Kontostand abfragen. Alles mit einem Chatbot. Eine App statt 50 Apps. Bisher übersetzen Dienstleister, zum Beispiel Reisebüros, für uns Angebot und Nachfrage, weil wir bisher als Kunde nicht mit der Datenbank des Anbieters kommunizieren konnten. Überall, wo heute Menschen als Dienstleister aktiv sind, könnten Maschinen es einfacher machen.
Bleiben Stellen, an denen der Mensch quasi "das letzte Wort" hat oder können die Maschinen alles übernehmen?
Westerheide: Es dreht sich nur um den Menschen. Wir wollen mehr freie Zeit haben und weniger Geld ausgeben. Maschinen geben uns Freiheit. Wir müssen weniger arbeiten und weniger warten. Wir gewinnen Zeit für die wesentlichen Dinge. Maschinen machen Prozesse einfacher. Gewinner ist der Kunde, welcher günstiger und schneller eine Lösung bekommt. Weiterhin dienen die Maschinen uns Menschen. Unser Wort gilt, denn die  Maschinen haben (noch) keine eigene Motivation und keine eigenen Bedürfnisse. Sie sind nie egoistisch, solange der Menschen dies nicht manuell einprogrammiert. 
Bis wann rechnen Sie mit welchen Meilensteinen in der Entwicklung von intelligenten Chatbots?
Westerheide: Alles, was heute per App auf dem Handy ist, könnte bald durch Chatbots ersetzt werden. Viele Webseiten fallen weg. Man muss weniger surfen, um Antworten zu bekommen. Wir müssen nicht mehr zu Google gehen, wenn unser persönlicher Chatbot uns die Lösungen direkt sucht und dabei jedes Mal mittlernt. Drei bis fünf Jahre ist hier das Ziel. In zehn Jahren werden wir total natürlich mit Maschinen reden, schreiben oder denken. Chatbots werden für uns vieles sein: Anwalt, Sekretärin, Buchhalterin, Anlageberater, Reisebüro. Sie werden für uns essen bestellen, einkaufen oder das Auto vorfahren. 




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