Logistik 31.05.2016, 11:00 Uhr

Neues Paketzentrum treibt Online-Händler in den Bankrott

Das neue DHL-Paketzentrum in Obertshausen bedroht die Existenz eines Online-Händlers. Weil seine Pakete nicht pünktlich zustellt werden, stufte eBay ihn sogar als "unterdurchschnittlichen" Händler herab.
(Quelle: Shutterstock.com/Stoyan Yotov)
Es hätte alles so schön sein können: Das langersehnte DHL-Logistikzentrum in Obertshausen, das Mitte Juni dieses Jahres offiziell den Betrieb für die Postleitzahl-Anfangsziffern 63 aufnehmen wird, sollte das modernste in Europa werden.
Doch die positiven Erwartungen werden von der Realität eingeholt. Derzeit werden bereits Pakete über das Zentrum verschickt, um den Betrieb nach und nach ins Laufen zu bringen. Die Folgen dieser stufenweisen Inbetriebnahme scheinen allerdings für Online-Händler fatal zu sein, berichtet die Frankfurter Rundschau.

Pakete kommen verspätet an

Ein Webshop-Betreiber, der anonym bleiben möchte, steht wegen des neuen Paketzentrums kurz vor dem Ruin. Seine Pakete erreichen, seit sie über das neue Zentrum versendet werden, erst nach sieben bis zehn Tagen die Kunden. Normalerweise sollte die Zustellung der Sendungen lediglich ein bis zwei Tage in Anspruch nehmen. Nun hat der betroffene Online-Händler grosse Angst um seine Existenz. DHL nimmt zwar Stellung zu den Schwierigkeiten, spricht aber lediglich von Anlaufschwierigkeiten während der Probephase.
Nach Angaben des betroffenen Webshop-Betreibers versendet er 15 bis 100 Pakete in dem betreffenden Gebiet. In der Vergangenheit sind diese Sendungen im Zentrum Rodgau-Nieder-Roden bearbeitet worden. In dieser Zeit gab es bei der Bearbeitung und Zustellung der Pakete des Online-Händlers keinerlei Probleme. Zu 99 Prozent seien die von DHL und eBay angegebenen Regellaufzeiten von ein bis zwei Werktagen innerhalb Deutschlands eingehalten worden, schreibt er in einer E-Mail an die Frankfurter Rundschau.

Es hagelt Stornierungen

Seit Anfang Mai werden die Paketsendungen des Händlers nun über das neue DHL-Zentrum in Obertshausen abgewickelt. Seither sind Bearbeitungszeiten von über zehn Tagen nicht unüblich. Die Folge sind zahlreiche Stornierungen und Beschwerden der Kunden, da der angegebene Zustellungszeitraum nicht eingehalten wird. Der Webshop-Betreiber gibt an, dass sein Umsatz seither um 70 Prozent eingebrochen sei.

Problemanalyse

Bisher hat der Händler feststellen können, dass das Einscannen der Pakete, das den Beginn der Bearbeitung registriert, im Startzentrum nicht erfolgt. Somit hat der Händler keine Kenntnis darüber, woran die Verzögerung der Sendungen liegen könnte.
In der Regel erhält der Kunde folgende Mitteilung zur Sendungsverfolgung des Pakets: "Die Sendung wurde im Start-Paketzentrum Obertshausen bearbeitet" inklusive der Angaben zum Tag und der Uhrzeit. Allein zwischen dem 17. und 19. Mai seien rund 150 seiner Pakete demnach dort nicht bearbeitet worden, gibt der Online-Händler an. Andere Sendungen seien sogar sowohl in Rodgau und Obertshausen eingescannt worden. Das bedeute, dass die Pakete zwischen den Zentren hin- und hergefahren würden, da das neue Paketband im DHL-Zentrum in Obertshausen nicht richtig funktioniere.
Alexander Böhm, Unternehmenssprecher der Deutschen Post DHL, dementiert das Hin- und Herfahren der Sendungen nicht. Erklärt diese Vorgänge allerdings mit Datenvergleichen im derzeitigen Probebetrieb. Gegenüber der Frankfurter Rundschau teilte er mit: "Wir vergleichen die Laufzeiten, messen hier und dort Sendungsmengen, Umschlagszeiten und sogenannte Ausscheider." Im Übrigen habe er in der neuen Niederlassung nachgefragt und dort habe man keine Erklärung für die grossen Probleme des Online-Händlers.

eBay stuft den Händler runter

Die Auswirkungen für den Online-Händler sind fatal. eBay hat ihn nun aufgrund der negativen Bewertungen und Beschwerden vom Top-Verkäufer mit besten Bewertungen auf "unterdurchschnittlich" herabgestuft. Dadurch ranken künftig seine Produkte im Nirvana und die eingehenden Bestellungen werden mit grosser Wahrscheinlichkeit abnehmen. "Ohne die jahrelang gewohnten täglichen Einnahmen durch Verkäufe weiss ich nicht, wie ich meine Rechnungen bezahlen soll", sagt der betroffene Webshop-Betreiber. "Alles geht den Bach runter - und das alles nur wegen des neuen Paketzentrums."



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