Analyse 07.11.2023, 09:05 Uhr

Frischer Marktplatz-Wind für DIY & Garden

Bisher hat sich die deutsche Baumarkt-Szene in Sachen Marktplatz-Ambitionen eher zurückgehalten; doch in diesem Jahr scheint der Knoten zu platzen. Die grossen Drei streben ins Plattform-Business - aber der Abstand zur europäischen Konkurrenz ist gross.
(Quelle: Markus Spiske, Unsplash)
Ende Oktober feierte Bauhaus seinen Einstieg ins Plattform-Geschäft auf der Marketplace Convention als Aussteller auf der Fläche und Teilnehmer beim heissen Marktplatz-Stuhl: Die Baumarkt-Kette wird Anfang Januar ihren eigenen Marktplatz eröffnen und trommelte kräftig für neue gewerbliche Verkäufer mit Sitz in Deutschland, die zum Einstieg ohne Grundgebühren auf der neuen Plattform verkaufen dürfen.
Etwas stiller, dafür aber schneller gingen die Plattform-Pläne von Hornbach voran: Der Marktplatz der Baumarktkette, der auf der Marktplatz-Architektur von Mirakl läuft, ging letzte Woche mit einem begrenzten Sortiments- und Partnerportfolio online. In den kommenden Wochen will die Plattform deutlich mehr Sortimente und Partner aktivieren, sagte mir Patrick Schöner, Head of Partner Management beim Hornbach-Marktplatz.
Die grösste deutsche Baumarkt-Kette kommt offenbar als letztes zur Party: Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass Obi bereits seit Monaten an einer eigenen Plattform schraubt, aber noch ist der Marktplatz nicht fertig. Doch lange dürfte es auch hier nicht mehr bis zur Eröffnung dauern. 

Wer zu spät kommt, muss schneller rennen

Damit dürften im ersten Quartal 2024 die Grossen Drei im deutschen DIY-Markt vollzählig und fast zeitgleich im Marktplatz-Geschäft angekommen sein - eine interessante Situation, die es bisher in keiner anderen Branche so gab.
Aber es ist eben auch eine besondere Branche: Insgesamt tat sich der gesamte deutsche DIY- und Garten-Markt lange schwer mit dem E-Commerce an sich. 2022 lag der Online-Anteil am Gesamtumsatz der Branche laut dem HDE Online-Monitor bei gerade mal 7,2 Prozent; zum Vergleich: im Modesektor liegt die Online-Durchdringung mittlerweile bei über 40 Prozent. Das Online-Geschäft mit ihren Sortimenten überliessen die stationären deutschen Platzhirsche jahrelang weitgehend E-Commerce-Generalisten wie Amazon, Otto oder Kaufland.
Mit der Corona-Pandemie änderte sich das, zunächst gezwungenermassen, nach und nach auch mit zunehmender Begeisterung. Bauhaus beispielsweise investierte kräftig in seinen Online-Shop, sowohl im Frontend als auch in Prozesskettenoptimierung und Logistik. Der Erfolg der Massnahmen zeigt sich in der aktuellen EHI-Liste der Top 100 Online-Shops: Dort findet sich Bauhaus auf Rang 26; vor drei Jahren stand das Unternehmen noch auf Platz 89. Auch Hornbach (2022 Platz 30) und Obi (2022 Platz 32) schrieben ähnliche Online-Erfolgsgeschichten.
Der Einstieg ins Plattform-Business scheint da nur der logische nächste Schritt. Und er kommt keine Minute zu früh.

Der DIY-Markt wird gerade verteilt

Denn die europäische Konkurrenz ist teilweise schon deutlich weiter als die deutschen Marktführer, wie ein Blick auf den aktuellen Marktplatz-Quadranten "DIY & Garden", den ich in Zusammenarbeit mit der Marketplace Uni erstellt habe, zeigt.
Quelle: Marketplace-Uni / Ingrid Lommer
Aus Frankreich drängt ManoMano mit jeder Menge Investorengeld im Rücken nach Europa. In den traditionell DIY-starken Benelux-Märkten stehen die Hauptquartiere der Branchengrössen Brico, Bricoman, Praxis und VidalXL, die allesamt in mehreren europäischen Ländern Dependancen betreiben. Und in Grossbritannien ist der Baumarkt-Kette Kingfisher/B&Q mit einer Marktplatz-Eröffnung unter der Traum-Adresse DIY.com ein grosser Wurf gelungen: Die erst im März gestartete Plattform trägt bereits jetzt 33 Prozent zum Gesamthandelsvolumen von DIY.com bei, listet 700.000 SKUs (bis Ende 2024 sollen es vier Millionen sein) und will bereits im kommenden Jahr mit eigenen Marktplätzen in Frankreich und Polen starten.
Das ist das Tempo, mit dem Hornbach, Bauhaus und bald auch Obi mithalten müssen, wenn sie ihre Marktanteile am europäischen DIY-Markt nicht verlieren wollen. Auf der anderen Seite werden auch die grossen Generalisten dem neuen Online-Push im Baumarkt-Bereich nicht tatenlos zusehen. Galaxus meldete im Sommer ein Baumarkt-Sortiment von über 500.000 Produkten - was die Plattform zum grössten Baumarkt der Schweiz machte, online wie offline. Bei Amazon wiederum gehört das Baumarkt-Segment am Prime Day Fall zu den aktivsten Kategorien, vom Meisenknödel bis zum Akkubohrer.
Die endgültige Marktverteilung in der wachsenden Branche ist alles andere als abgeschlossen, und Plattformen werden eine entscheidende Rolle dabei spielen. Es bleibt spannend.



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