Intralogistik und Logistikprozesse 03.04.2017, 08:03 Uhr

8 Tipps für eine erfolgreiche E-Commerce-Logistik

Mit dem Justieren an ein paar Stellschrauben können Online-Händler ihre E-Commerce-Intralogistik deutlich verbessern und Logistikprozesse einfacher, schneller und erfolgreicher abwickeln. Wir geben acht Tipps zur Optimierung.
(Quelle: Shutterstock.com/Stoyan Yotov)
Von Dirk Haschke, Vice President E-Commerce Operations bei pixi Software
Die Verbindung aus zielgerichteter Conversion-Steigerung und der Abbildung erstklassiger Logistik-Prozesse, zeichnet das Business eines smarten Online-Händlers aus und sichert ein stetiges Wachstum. Um optimale Versand-Ergebnisse zu erzielen, muss der Logistikprozess schlank, effizient und vollumfänglich aufgebaut werden. Schon das Justieren an den richtigen Stellschrauben kann Prozesse verschlanken und den Versandprozess massgeblich verbessern.
Es ist empfehlenswert, sich im ersten Schritt die E-Commerce-Intralogistik anzusehen, da diese Prozesse aktiv durch den Online-Händler gesteuert und optimiert werden können.

1. Flexible Arbeitszeiten ermöglichen

Kaum ein E-Commerce-Business weist jeden Tag zur gleichen Zeit ein gleich hohes Bestellvolumen auf. Online-Händler sollten bei der Personaleinsatzplanung jene bestellintensiven Wochentage und Zeiten kennen um ausreichend Personal für die Bearbeitung der erhaltenen Bestellungen einplanen zu können. Von starren Arbeitszeiten (maximal acht Arbeitsstunden pro Tag) sollte sich im E-Commerce-Business verabschiedet werden.
Flexibilität ist hier das Schlagwort. Clevere Online-Händler sprechen mit ihrem Team offen über versandintensive Zeiten und bieten Mitarbeitern einen Ausgleich an weniger intensiven Tagen oder nach der Saison. Eine elektronische Arbeitszeiterfassung, darunter die Nutzung von Stechkarten, kann bei einer freieren Disposition des Personaleinsatzes unterstützen.

2. Manueller Zahlungsabgleich bedarf klarer Personaldisposition

Online-Händler sollten sich darüber im Klaren sein, dass der manuelle "pick-, pack-, ship-Prozess" erst nach dem Zahlungsabgleich starten kann. Um eine schnellere Initiierung des internen Versandprozesseses zu ermöglichen und zeitintensive Fehler zu vermeiden, sollte dieser mithilfe von intelligenten Warenwirtschaftssystemen automatisiert abgebildet werden.
Diejenigen, die sich noch nicht für ein Warenwirtschaftssystem entscheiden konnten, sollten mit dem Zahlungsabgleich innerhalb der Buchhaltung früh beginnen (spätestens 7:00 Uhr), damit viele Bestellungen zeitnah zur internen Weiterbearbeitung freigegeben werden können und manuelle Fehler zu nicht allzu langen Wartezeiten führen. Die zeitliche Planung der unterschiedlichen Tätigkeiten ist essentiell und sollte durch eine klare Personaldisposition unterstützt werden.

3. Das richtige Timing

Strategisches Zeitmanagement ist für den taggleichen Versand das A und O. So sollten im Vorfeld Zeitfenster definiert werden, die vorgeben, welche Arten von Bestellungen zu welcher Zeit abgearbeitet werden können. Bestellungen, bei denen kein taggleicher Versand angeboten wird oder Artikel, die noch beim Lieferanten bestellt werden müssen, können schwerpunktmässig am Vormittag, zum Beispiel zwischen 7:00 und 11:00 Uhr, bearbeitet werden. Damit wird gewährleistet, dass die bestellten Waren nach Erhalt schnellstmöglich an den Kunden weitergeleitet werden können.
In der Zeit zwischen 11:00 Uhr und 19:00 Uhr kann sich dann auf die Bestellungen konzentriert werden, die keine Lieferantenbestellung erfordern und ad hoc versendet werden können. Online-Händler sollten für eine effiziente Abbildung des Versandprozesses auch mit Ihren Logistik-Dienstleistern sprechen um Abholbedingungen für sehr späte Abholzeiten, den sogenannten Nachtsprung über Postverteilzentren zu vereinbaren.

4. Taggleicher Versand für "Greenhorns"

Für diejenigen, die mit dem taggleichen Versand gerade erst starten oder noch wenig Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben, ist es empfehlenswert, das Angebot des taggleichen Versands vorerst nur für spezielle Artikelgruppen anzubieten, die direkt am Versandbereich gelagert werden können. So lässt sich auch bei noch ungeübten Prozessen ein schneller Versandprozess erzielen.

5. Den Einkauf proaktiv und regelmässig planen

Für die proaktive Planung der Lagerreichweite sollten folgende Faktoren gegenübergestellt werden:
  • Aktuelle Lagerreichweite - geschätzte Lieferzeit des Lieferanten = Versandgewährleistung
Ist das Delta dieser Gleichung negativ, kann es entweder zu Überverkäufen und einer daraus folgenden Kundenunzufriedenheit durch Versandverzug, oder zu sogenannten Nicht-Käufen führen, da die Ware nicht auf Lager liegt und infolge für den Kunden nicht kaufbar ist. Klarheit über die erhoffte und tatsächlich verkaufte Menge vermindert das Risiko eines fehlenden oder fehlerhaften Einkaufs.
Um einem Überbestand, den "Lagerpennern", entgegenzuwirken, ist bei Waren mit langen Lieferzeiten vom Lieferanten (zum Beispiel mehr als vier Wochen) ein häufiges Nachbestellen nur kleiner Warenmengen empfehlenswert. Online-Händler, die Überbestand in ihrem Lager aufweisen, stellen häufig fest, dass diese durch fehlende planmässige Lagerauffüllungs-Prozesse hervorgerufen wurden.
Automatisierte Warenwirtschaftssysteme bieten einen Überblick darüber, welche Warenbestände sich im Lager reduzieren und wie viele Waren nachbestellt werden sollten. Die planmässige Übersicht und die daraus folgende proaktive Warenanpassung eliminiert die Gefahr von Überverkäufen und Wartezeiten für den Kunden.

6. Wareneingang - Zur richtigen Verwendung am richtigen Ort

Das Einlagern von Wareneingängen, sofern diese keine offenen Bestellungen bedienen, sollte an Tagen mit hohem Versandvolumen entweder vermieden, oder auf den späten Nachmittag/Abend verschoben werden. So können sich die Mitarbeiter voll und ganz auf den Versandprozess konzentrieren. Für die zielgerichtete Einlagerung der Wareneingänge im Lager sollte folgender Satz Anwendung finden: Zur richtigen Verwendung am richtigen Ort.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einer physischen 3-Teilung des Lagers in:
1. Das Nachfülllager
2. Das Picklager
3. Den Versandbereich
 
Zudem bietet sich eine weitere 3-Teilung der Waren in A-, B- und C-Waren an:
  • A-Artikel: diese Artikel weisen eine sehr hohe Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf.
  • B-Artikel: diese Artikel weisen eine mittlere Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf. Die Grenzen zwischen A und C Artikeln werden in der Regel individuell festgelegt.
  • C-Artikel: diese Artikel weisen eine niedrige Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf. Auch werden Nachfüllartikel als C-Artikel definiert.
Für die zielgerichtete Einlagerung der Wareneingänge gemäss der Weiterverwendung der Waren sollten B/C- Artikel eher im hinteren Bereich des Picklagers eingeordnet werden. Schnelldreher wie auch Saisonwaren sollten ihren Platz im Picklager finden. Kurzfristige Angebotsware und offene Kundenbestellungen sollten im Versandbereich gelagert werden.
Eine besonders smarte Lösung, um den Einlagerungsaufwand für offene Kundenbestellungen zu umgehen, ist das Cross Docking. Bei dieser Lösung werden die angelieferten Waren per Barcodescan erfasst und im Falle einer offenen Kundenbestellung nicht eingelagert, sondern umgehend in den weiteren Versandprozess gegeben. So werden Kosten und Zeit für die Waren-Einlagerung gespart, der Versandprozess an den Kunden beschleunigt und Pickzeiten reduziert.

7. Klare Kommunikation mit dem Kunden

Online-Händler sollten in ihrem Webshop kommunizieren, dass ein taggleicher Versand nur dann ermöglicht werden kann, wenn die Bestellung vom Kunden vor 14 Uhr beziehungsweise vor 16 Uhr des gleichen Tages aufgegeben wird. Artikel die aktuell nicht auf Lager liegen, einen Tag Lieferzeit benötigen oder erst nach dem Wochenende geliefert werden können, sollten ebenso gekennzeichnet werden. Diese Kennzeichnung ist auch für heterogene Warenkörbe (also Warenkörbe mit Artikeln, die umgehend versandt und Artikeln, die erst zu einem späteren Zeitpunkt versandt werden können) relevant.
So sollten Produkte im Warenkorb eines Kunden, bei denen ein taggleicher Versand möglich ist, markiert werden, um dem Kunden die Möglichkeit anzubieten die Bestellung in kleinere Bestellungen, abhängig vom möglichen Lieferzeitpunkt, zu unterteilen. Kunden werden die ehrliche Kommunikation schätzen und sich nicht aufgrund von fehlerhaften Versand-Informationen beziehungsweise falschen Versandversprechen vom Shop abwenden.

8. Verpacken leichtgemacht

Für einen smarten Packprozess sollten alle Lager-Mitarbeiter im Vorfeld ihre Aufgaben kennen. Dies bedeutet auch, dass Verantwortlichkeiten für Zwischentätigkeiten, wie das Nachbestücken der Packplätze mit Verpackungsmaterialien, an einzelne Mitarbeiter übergeben werden müssen. Packer werden so nicht grundlos aus dem Packprozess gerissen und haben ausreichend Verpackungsmaterialien vor Ort.
Auch ist es sinnvoll beim Packprozess kleinere Aufgaben auf mehrere Mitarbeiter aufzuteilen. So kann beispielswiese ein Mitarbeiter, die am häufigsten verwendetet Kartongrösse vorfalten und sie den Packern zur Verfügung stellen. Und auch hier können intelligente Automatisierungstechniken, wie das Bereitstellen von Konfektionieranlagen für Beileger, Zeit sparen.




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