Der richtig grosse Hebel 10.03.2017, 10:33 Uhr

Wie Marktplätze und Plattformen das Wachstum der Wirtschaft antreiben

Allzu häufig dreht sich die Diskussion über die Plattformökonomie nur um die Marktmacht der ganz grossen technologischen Plattformen. Dabei gibt es eine Vielzahl kleiner Plattformen, die mittlerweile in allen Branchen zur Wirtschaft beitragen.
(Quelle: Pixabay.com)
Von Felix Huber, Head of Northern Europe bei Stripe
Die Digitalbranche hat sich zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige Deutschlands entwickelt. Laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2016 arbeiten heute mehr Menschen im IKT-Sektor als in der kompletten Automobilbranche. Insgesamt sind fast 100.000 Tech-Unternehmen in Deutschland ansässig, und jedes Jahr stossen Tausende Neugründungen hinzu.

Gerade Marktplätzen und Plattformen kommt unter ihnen eine besondere Rolle zu, stellen sie doch einen Hebel für zusätzliche wirtschaftliche Aktivität dar. Sie verbinden Händler und Dienstleister mit Kunden und ermöglichen neue Geschäftsbeziehungen, die vorher so nicht vorstellbar waren. Schon heute ist zum Beispiel der Online-Handel über Marktplätze ein wesentlicher Bestandteil des E-Commerce: Laut aktuellem E-Commerce-Leitfaden nutzt mehr als die Hälfte der deutschen Online-Händler Marktplätze als Vertriebsweg. Und drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass Online-Marktplätze ihnen den Einstieg in das Online-Geschäft erleichtern.

Nicht nur auf den E-Commerce begrenzt

Die Plattformökonomie ist aber keineswegs nur auf den E-Commerce begrenzt: On-Demand-Plattformen gibt es für die unterschiedlichsten Dienste und Services, von Transportdienstleistern wie Uber und MyTaxi über Reinigungsplattformen wie Book a Tiger bis hin zu Invoicing-Plattformen wie Fastbill. Der Launch ganz neuer Produkte und Dienstleistungen wird durch Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter erleichtert, und eine Plattform wie Betterplace.org revolutioniert ganz nebenbei das Spendensammeln für gemeinnützige Zwecke.  

Die Entwicklung immer neuer Plattformen wird auch dadurch beschleunigt, dass es in den letzten Jahren immer kostengünstiger geworden ist, ein Start-up zu gründen. CB Insights zufolge sind die Kosten für die Neugründung und Skalierung eines Unternehmens von fünf Millionen US-Dollar im Jahr 2000 auf nur wenige tausend US-Dollar gesunken - vor allem dank neuer Services und Tools, die Gründern beim Aufbau eines neuen Unternehmens unterstützen, etwa in den Bereichen Cloud-Hosting, Zahlungsabwicklung und CRM. Dadurch werden Kosten gespart, der Aufwand auf ein Minimum reduziert und die Entwicklung beschleunigt.

Ein Unternehmen wie der Website-Baukasten Jimdo aus Hamburg etwa hat die Einrichtung von mehr als 20 Millionen Websites ermöglicht. Darunter sind viele private Webseiten, aber auch Business-Auftritte von Selbstständigen, Ärzten, Handwerkern oder Onlineshops mit einer grossen Produktpalette. Jimdo ist ein Enabler für die Geschäftsaktivitäten anderer Unternehmer und KMU, und arbeitet seinerseits mit einer Vielzahl an Partnern zusammen, um etwa aus einfachen Webseiten kommerzielle Shops zu machen und die Verarbeitung von Zahlungen zu ermöglichen.

Die Hidden Champions unter den Start-ups

Ein anderes Beispiel ist der Marktplatz Shopify, der Hunderttausenden von Händlern den Verkauf von Produkten über das Internet anbietet, ohne selbst eine komplette Shop-Lösung entwickeln zu müssen. Waren im Wert von über 15 Milliarden US-Dollar werden mittlerweile jährlich über Shopify gehandelt - wirtschaftliche Aktivität, die ohne die zugrunde liegende Plattform nicht möglich gewesen wäre.

Allzu häufig dreht sich die Diskussion über die Plattformökonomie nur um die Marktmacht der ganz grossen technologischen Plattformen. So wichtig diese Diskussion auch sein mag, so wichtig ist es auf der anderen Seite, den positiven Nutzen, den eine Vielzahl kleiner Plattformen mittlerweile in allen Branchen zur Wirtschaft beiträgt, nicht aus den Augen zu verlieren.
Ist die Start-up-Szene einer der Hoffnungsträger der deutschen Wirtschaft, so sind die Plattformen die Hidden Champions unter den Start-ups. In einem Land wie Deutschland, das über einen überaus starken B2B-Sektor verfügt, kann zum Beispiel in der Entwicklung von B2B-Plattformen ein enormes Potenzial liegen. Leider wird dieses Potenzial allzu häufig übersehen.




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