Entwicklerkonferenz 14.06.2016, 07:12 Uhr

WWDC: Apple setzt auf Apple Pay und künstliche Intelligenz

Eine voll integrierte Siri, eine umfangreiche Apple-Pay-Ausweitung und eine Öffnung zahlreicher Anwendungen für alle Entwickler: Mit den heute auf der WWDC vorgestellten Software Updates sagt Apple der Silicon-Valley-Konkurrenz den Kampf an.
(Quelle: Christoph Dernbach)
Totgesagte leben länger - mit zahlreichen Software Updates gibt Apple auf seiner jährlichen Entwicklerkonferenz WWDC (World Wide Developers Conference) im Bill Graham Civic Auditorium in San Francisco eine Antwort auf all die Unkenrufe: Es geht auch ohne iPhone-Verkäufe. Den neuen Erfolg soll eine Öffnung zahlreicher Anwendungen für alle Entwickler, eine stark verbesserte und in alle Devices vollkommen integrierte Siri, ein von Snapchat inspiriertes und für App-Entwickler geöffnetes iMessage und eine Ausweitung von Apple Play ebnen.
Damit greift Apple eine Menge Silicon-Valley-Konkurrenten an: Google, Amazon, Facebook und schliesslich sogar Snapchat. Und das alles mit dem Versprechen, keine User-Profile zu bilden und alle Nachrichten in den Apple-Apps mit End-to-End-Verschlüsselung auszustatten. Apple will sagen: Wir sind mindestens genauso gut wie Google und Co - aber wir achten eure Privatsphäre. 
In San Franciso stellte Apple heute Updates für vier Plattformen vor: iOS, OSX, watchOS und tvOS.

iOS 

Als "grossen Meilenstein" und "grössten iOS Release aller Zeiten" bezeichnete Craig Federighi, Senior Vice President of Software Engineering, das neue iOS 10.
Eine der umfangreichsten und lang ersehnten Neuerungen betrifft Apples digitalen Assistenten Siri. Denn die berühmte Siri ist in die Jahre gekommen. Auch wenn sie der erste digitale Assistent war - ihre Konkurrenten Google Now, Alexa und Cortana haben sie längst überholt. In Cupertino war man aber nicht untätig. Im Oktober kaufte Apple den britischen Machine-Learning-Spezialisten VocalIQ - noch bevor der eine eigene App auf den Markt bringen konnte. VocalIQ konnte zum Zeitpunkt des Kaufs nicht nur weitaus komplexere Anfragen beantworten als die Konkurrenz, sondern vor allem auch einen Kontext unendlich lange behalten. 
Das alles hat VocalIQ übrigens mit der Auswertung von nur ein paar tausend Gesprächsprotokollen geschafft - Amazons Alexa brauchte dazu schon ein paar Millionen. Das widerlegt das gängige Vorurteil, dass unfassbare Datenmengen nötig sind, um gute künstliche Intelligenz und Machine Learning zu entwickeln. 
Einen ersten Vorgeschmack, was dieser Kauf für Apples KI-Entwicklung gebracht hat, war auf der WWDC zu sehen. Siri versteht nun weit komplexere Befehle und verlässt endlich ihre Heimat, den Home-Button. Der digitale Assistent zieht in alle iOS-Anwendungen ein. Apple öffnet Siri für alle Entwickler. Also kann Siri so bald WhatsApp-Nachrichten im Auto vorlesen, einen Tisch im Restaurant reservieren, ein Taxi bestellen oder in einer Kino-App Karten ordern. 

Auch in die Foto Suche, in Quick Type oder in die Suche soll Deep Learning einziehen. Die Foto-Suche erhält ausserdem eine Gesichtserkennung und kann Fotos jetzt automatisch nach Szenen und Inhalt sortieren. Auch Erinnerungs-Alben können automatisch erstellt werden. 

Damit nicht genug der Updates in iOS. Mit dem "neuen" Apple Maps, ebenfalls nun für alle Developer geöffnet, greift Apple Google Maps an. Die neue App wird proaktv und ermöglicht es zum Beispiel ein Taxi zu bestellen ohne die App zu verlassen. Lokale Geschäfte können ausserdem in der App ihre Öffnungszeiten anzeigen lassen. 
Das neue Apple Maps
Quelle: Screenshot Apple.com


Google, Amazon und Microsoft sind nicht genug - Apple will auch den Facebook Messenger, WhatsApp und Snapchat gefährlich werden. Und rüstet endlich sein iMessage auf. Der Messenger bekommt eine Link-Vorschau für Videos oder Artikel. Auch der Zugang zu Fotos und Videos wird einfacher und angenehmer für den User gestaltet. Er erhält zahlreiche Gimmicks, die ihn für mehr User spannend machen sollen. Zum Beispiel gibt es Emoji Predictions. So werden alle Wörter angezeigt, die durch Emojis ersetzt werden können. Mit Bubble Effects lassen sich Sprechblasen animieren, mit Handwritten Messages können Nachrichten mit der Hand geschrieben werden. So entstehen zahlreiche Snapchat-ähnliche Features, die besonders eine junge Zielgruppe ansprechen dürften. 
Ausserdem wurde der Messenger für Apple Pay und Developer geöffnet. Die können damit wie in der Keynote gezeigt, Sticker entwickeln, oder aber auch Apps integrieren, mit denen sich Shoppen lässt. Durch die Integration mit Apple Pay lässt sich auch noch einfach im Messenger bezahlen - eine klare Kampfansage an Facebooks Messenger. Eine wie von vielen erwartete Öffnung von iMessage für Android wird es aber zunächst nicht geben.

macOS

Schon lange vermutet, jetzt ist es offiziell: OS X ist Vergangenheit, das neue Desktop-Betriebssystem von Apple heisst macOS. Seit 15 Jahren habe OS X gute Dienste geleistet, jetzt sei es Zeit für etwas Neues, so Craig Federighi. Damit wird die Nomenklatur einheitlich: iOS, watchOS, tvOS und jetzt eben macOS. Das neue macOS 12 oder macOS Sierra enthält zahlreiche neue Features. So kann es mit einem Apple Device über Touch ID entsperrt werden, ermöglicht noch bessere Integration mit anderen Apple Devices und stellt den Desktop jetzt auch über die iCloud, die von 20 GB umsonst auf 150 GB umsonst upgegradet wurde, zur Verfügung. 
Aber auch hier spielen Apple Pay und Siri die Hauptrollen. Apple Pay kommt nun ins komplette Netz. Über die Funktion "Pay with Apple Pay" soll es bald in zahrleichen Online Shops möglich sein, mit Apples Payment-Service und sicherer Authentifizierung über die TouchID am iPhone oder der Apple Watch zu bezahlen. Ausserdem soll der Bezahldienst in den nächsten Monaten in die Schweiz, nach Frankreich und Honk Kong kommen. Siehe auch: MasterCard bringt Apple Pay diesen Sommer in die Schweiz
Apple Pay kommt ins Web
Quelle: Screenshot Apple.com


Und schliesslich kommt endlich auch Siri auf den Mac. Dabei ergeben sich natürlich zahrleiche Anwendungsfälle, die vom Smartphone abweichen. Auf Desktop und Laptop sucht der digitale Assistent nach Files oder im Web oder spielt Playlists ab. Auch die Integration von Ergebnissen der Siri-Suche mit anderen Anwendungen soll möglich sein. 

Apple Music 

Vor einem Jahr ist Apple Music gestartet - und verzeichnete ein rasantes Wachstum. Der Musik-Dienst hat jetzt 15 Millionen Abonnenten - so schnell ist noch kein solcher Service im ersten Jahr gewachsen. Nun hat Apple das komplette Design erneuert und es mehr an die Konkurrenz Spotify und Deezer angepasst.

watchOS

Mit watchOS 3 kommt auch ein Software-Update für die Apple Watch. Durch Instant Launch können Apps auf der Smartwatch schneller laden. Mit Scribble können User auf der Uhr schreiben, ganz einfach mit dem Finger, ohne Tastatur - die Buchstaben werden übereinander geschrieben. Ausserdem sollen neue APIs kommen, die helfen, Apps mit verbesserter Interaktion zu entwickeln. Unter anderem können Developer auch Apple Pay in ihre Apps integrieren. So können User direkt in der App mit der Uhr einkaufen.

tvOS

Und schliesslich spielt Siri auch die grösste Rolle beim neuen tvOS. Sie ersetzt fast eine Fernbedienung. Über eine neue Remote App verbindet sie sich mit Apple TV und ermöglicht in Filmdatenbanken nach Genres wie "High School-Komödie aus den 80er Jahren" zu suchen. Aber auch in YouTube kann der digitale Assistent nach Videos suchen und wenn befohlen auch direkt auf Live TV umschalten. 

Neue Verschlüsselung

Der Krypto-Krieg mit dem FBI und der amerikanischen Regierung um die Entschlüsselung eines Terroristen-iPhones hat Apple genug Nerven gekostet. Damit soll jetzt Schluss sein. In iOS bietet Apple zahlreiche Anwendungen jetzt mit Encryption an: Im Messenger, in Facetime und HomeKit gibt es eine komplette End-to-End-Verschlüsselung, die auch Apple nicht knacken kann. Ausserdem betont der iPhone-Konzern, keine User-Profile zu bilden, egal in welcher seiner Apps.
Und macht damit noch einmal klar, was ihn letzendlich von der datensammelwütigen Silicon Valley-Konkurrenz unterscheidet. 




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