Mobile Internetnutzung 25.02.2015, 09:45 Uhr

Reiseportale: Schlecht gerüstet für Mobile

Man sollte meinen, Reiseanbieter freuen sich über jeden Kunden. Doch Online-Bucher kommen offenbar ungelegen. Laut einer Studie erreicht kein Anbieter die Gesamtnote "gut", nicht mal Testsieger Tui.
(Quelle: Shutterstock.com/Mila Supinskaya)
Die Reisebranche zählt zwar zu den Pionieren des E-Commerce, beim Thema Mobile jedoch herrscht noch erheblicher Nachholbedarf. In Sachen Usability und Performance jedenfalls schneiden die Anbieter nicht gerade berauschend ab. Laut einer Studie von Sevenval Consulting in Zusammenarbeit mit der Agentur Anstrengungslos erreicht keines der zwölf untersuchten Online-Reiseportale die Gesamtwertung "gut" oder gar "sehr gut", wenn es um die mobilen Internet-Angebote geht. Die Gesamtnote zwei nur knapp verpasst hat immerhin Testsieger Tui, der in vier der sechs erfassten Kategorien eine gute Bewertung ergatterte.
Der Erhebung zufolge treten die ersten Usability-Probleme bereits bei der Google-Suche auf, die im Test mit dem Wörterpaar "last minute" durchgeführt wurde. Viele Anbieter befolgen offensichtlich noch nicht die neuen Google-Richtlinien nach dem Motto "mobile friendly" und müssen beim nächsten Algorithmus-Update ein schlechteres Ranking befürchten.

Mangelhaftes Filter- und Listendesign

Im weiteren Verlauf der Urlaubsrecherche, die im Rahmen der Studie simuliert wurde, fiel insbesondere ein mangelhaftes Filter- und Listendesign auf. Sortierfunktionen sind teilweise überhaupt nicht vorhanden oder im Vergleich zu Desktop-Webseiten eingeschränkt. Zudem erschwert langes Scrollen die Navigation. Und wichtige Informationen wie Kundenbewertungen fehlen oder werden für Smartphones ungünstig dargestellt. Sieben Anbieter haben hier den Studienautoren zufolge "problematisch abgeschlossen".

Erhebliche Probleme im Buchungsprozess

Fünf der zwölf untersuchten Reiseportale wiesen ausserdem im Buchungsprozess erhebliche Usability-Mängel auf. Fehlende mobile Optimierung der Eingabeelemente, unzureichende bis sogar rudimentäre Behandlung von Eingabefehlern und gegenüber der Desktop-Variante fehlende Zusatzangebote wie Versicherungen und Mietwagen waren einige der häufigsten Probleme. Am besten abgeschnitten hat hier HolidayCheck mit einem grösstenteils vorbildlichen Buchungsprozess.

Cross-Device-Nutzung wird noch kaum unterstützt

Die Zahl der Nutzer, die mehrere Endgeräte im Einsatz haben, steigt stetig. Bei alltäglichen Aktionen wie Online Shopping wechseln laut einer Google-Studie 90 Prozent dieser Nutzer ganz selbstverständlich zwischen verschiedenen Geräten wie Smartphone, Desktop-Rechner und Notebook hin und her. Nur fünf von zwölf untersuchten Reiseportalen können dieses Verhalten bisher unterstützen - drei davon nur mit gravierenden Mängeln.

Langsame Performance-Zeiten

Im Branchendurchschnitt wartet ein Smartphone-Nutzer mit einer UMTS-Verbindung 8,8 Sekunden, bis er eines der Reiseportale verwenden kann. Expedia hat die kürzeste Ladezeit mit 4,8 Sekunden, erreicht dies aber mit einem recht kargen Informationsangebot. Eine gute Balance zwischen Informationsangebot und Ladezeit erreicht der Zweitplatzierte Check24.
Das Performance-Schlusslicht Bucher Reisen braucht fast 14 Sekunden Ladezeit, bis die mobile Website geladen ist. Hier liegt grosses Optimierungspotential, denn die Kundenzufriedenheit und Buchungsrate sinken ab einer Wartezeit von vier Sekunden erheblich, dies wurde in verschiedenen Studien belegt. Die Lösung von Bucher Reisen ist allerdings grundsätzlich richtig: Das Unternehmen bedient alle Nutzer unabhängig vom Endgerät über eine URL.
Dieser sogenannte "One Web"-Ansatz bietet sowohl technisch als auch im Marketing Vorteile und wird sicher weitere Verbreitung finden. Eine Geräteerkennung und eine anschliessende optimierte Auslieferung der Inhalte für verschiedene Endgeräte ist dabei natürlich Voraussetzung.

Die passende mobile Strategie

Sascha Langfus, Leiter der Sevenval Consulting, vermisst ein gezieltes Vorgehen, um die Chancen des wachsenden M-Commerce-Marktes zu nutzen: "Wir konnten bei keinem der Anbieter eine mobile Strategie erkennen, die mehr zum Ziel hat, als die Funktionen von Webseiten mehr schlecht als recht für mobile Geräte aufzubereiten. Die Unternehmen versäumen dabei die Chance sich von der Buchung über den Service am Reiseziel bis zum Rückflug als Reisebegleiter auf dem Smartphone anzubieten. Wir sehen hier grosses Potential zur Kundenbindung, um sich aus dem homogenen Reiseangebot hervorzuheben."
Auf Anbieterseite tut sich allerdings einiges im Online-Reisemarkt: Während Unister seine Reiseportale im August 2014 in die Betriebsgesellschaft Unister Travel überführte, hat Expedia im Februar 2015 den US-Konkurrenten Orbitz Worldwide gekauft - für einen Milliarden-Betrag.



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