Interview 28.05.2018, 16:01 Uhr

Wie L'Oréal mit E-Shops Kunden besser kennenlernen will

Bereits Mitte 2016 sagte der L’Oréal-Vorsitzende Jean-Paul Agon: "E-Commerce ist nicht die Kirsche auf der Torte. E-Commerce ist die Torte." Zwei Jahre später fragen wir bei Kai Schmidhuber, Chief Digital Director für L’Oréal Deutschland, nach, wie die ­Geschäfte so laufen.
Karl Schmidhuber, Chief Digital Director bei L'Oréal Deutschland
(Quelle: L'Oréal)
Herr Schmidhuber, wie bedeutend ist der Online-Handel inzwischen wirklich für L'Oréal?
Kai Schmidhuber:
Im vergangenen Jahr haben wir weltweit alleine im E-Commerce 2,1 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Das entspricht einem Wachstum von 34 Prozent. Wenn man das in ein Verhältnis setzen will und E-Commerce für L'Oréal ein Land wäre, dann wäre das inzwischen das drittgrösste L'Oréal-Land der Welt. Nach den USA und China käme dann schon E-Commerce. Für L'Oréal ist das Thema E-Commerce keine Zukunftsstrategie, die irgendwann mal stattfinden soll, sondern jetzt in dieser Sekunde schon stattfindet. Das spiegelt auch einfach die Lebenswirklichkeit unserer Kunden und ihre Customer Journey wider: Die recherchieren online nach unseren Produkten, sie orientieren sich an Bewertungen und schauen Schmink-Tutorials auf YouTube. 
Wie machen Sie denn jetzt aus der Kirsche den Kuchen?
Schmidhuber:
Für uns ist wichtig, E-Commerce in all seinen Facetten zu sehen. Wir arbeiten ganz bewusst sehr eng mit unseren Brick & Mortar-Partnern zusammen. Auch das erwarten die Konsumenten: Sie wollen kanalübergreifend kaufen. Natürlich kooperieren wir auf der anderen Seite auch mit Pure-Playern wie Amazon, Otto oder Zalando, denn wir wollen auch Konsumenten, die nur noch online shoppen, bedienen. Aus all diesen Aktivitäten sammeln wir Insights, über die sich das Geschäft dann wieder optimieren lässt.
Die 2,1 Milliarden Euro E-Commerce-Umsatz erwirtschaften Sie aber nicht über Ihre eigenen Kanäle, sondern eher über Handelspartner?
Schmidhuber:
Das ist alles kumuliert, richtig. Wir nennen das E-Retail, Pureplayer und unsere eigenen Direct-to-Consumer-Shops.
Die Direct-to-Consumer-Zahlen haben Sie nicht zufällig parat?
Schmidhuber:
Doch, aber diese Zahlen kommunizieren wir leider nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass hinter diesen Shops nicht nur die Intention steht Umsatz zu erwirtschaften. Dafür haben wir Partner, die ihr Retail-Geschäft exzellent beherrschen. Uns geht es mit den eigenen Shops auch darum, unsere Konsumenten besser kennenzulernen. Dann können wir nämlich vielleicht auch Gespräche mit unseren Retail-Partnern über diese Kunden ganz anders führen. Wir müssen uns nicht sagen lassen, wie Retail funktioniert, sondern wir haben eigene Erfahrungen. Das sind auch Gründe für so einen B2C-Shop.
Sie betonten eben, dass Ihnen die Zusammenarbeit mit stationären Handelspartnern im Web extrem wichtig ist. Aber gerade Drogeriemärkte und Lebensmittelhändler stehen online ja eher auf der Bremse als auf dem Gaspedal. Müssen Sie da treiben?
Schmidhuber:
Die Situation für Beauty in Deutschland ist - sowohl im europäischen als auch im internationalen Kontext - sehr einzigartig. Es gibt kein Land mit einer höheren Dichte an physischen Shopping-Optionen. Rein statistisch liegt der nächste dm oder Rossmann maximal 500 Meter von mir entfernt. Von daher ist es eigentlich klar, dass E-Commerce bei uns eine andere Rolle spielt als in China oder Indien. Aus meiner Sicht sind die Drogeriemärkte nicht behäbig. Vielmehr ist Beauty im Internet sehr komplex. Jede Kategorie funktioniert in der Konsumentenerwartung anders. Makeup, Skincare und Haircare - so leicht sich das als Shop-Kategorien im Internet liest - dahinter stehen völlig unterschiedliche Welten mit völlig anderen Ansprüchen, Kaufmotivationen und Rhythmen der Bedarfsdeckung. Wir müssen mit unseren Brick & Mortar-Partnern daher erstmal Ideen entwickeln, die auch deren eigenes Geschäftsmodell und Nutzerversprechen für die Konsumenten reflektieren. Das dauert natürlich länger als einen Shop zu eröffnen und den Produktkatalog hochzuladen. Nehmen Sie als Beispiel Zalando: Die Kombination aus Beauty und Fashion - also das Make-up zum Look - ist was anderes als die Bedarfsdeckung in einem Drogeriemarkt oder die Inspiration über ein Beauty-Tutorial, wo die Produkte anschliessend in einem Drogeriemarkt online bestellt werden.




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