Automatisierung im Social Web 01.12.2016, 15:30 Uhr

Gorgs: "Klick- und Interaktionsraten sinken um mehr als 50 Prozent"

Der Trend zur Automatisierung macht auch vor Social Media keinen Halt. Immer mehr Unternehmen verfassen ihre Posts nicht mehr selbst. Das kann folgenschwere Auswirkungen haben.
Victoria Gorgs, ehemalige Head of Social Media bei Burda Forward und Social-Media-Expertin
Es gibt klare Anzeichen dafür, dass ein Social-Media-Account von einer Maschine und nicht von einem Menschen befüllt wird: Jeder Post sieht gleich, je nach Qualität des Tools und Art der Einbindung werden Links abgeschnitten und Nutzer erhalten auf Anfragen keine Antwort.
Trotz dieser offensichtlich negativen Folgen stösst man beim Surfen im Social Web - insbesondere auf Twitter - vermehrt auf solche Accounts. Warum das so ist, welche Vorteile die Automatisierung mit sich bringt und ob sie einen Social-Media-Manager ersetzen kann, haben wir mit Victoria Gorgs, ehemalige Head of Social bei Burda Forward, diskutiert.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Automatisierungstools gemacht?
Victoria Gorgs:
Ich habe verschiedene Automatisierungstools ausprobiert, IFTTT (If This Then That) ist sicherlich eines der Tools, mit denen man sehr einfach Posts sämtlicher Netzwerke automatisieren kann und das eine sehr einfach zu bedienende Nutzeroberfläche hat. Automatisierung, um damit Zeit zu sparen, ist sicherlich immer ein Thema.
Wie wirkt sich die Automatisierung Ihrer Erfahrung nach auf die Interaktionsraten aus?
Gorgs:
Wenn man sich die Klickraten bei Chatbots im Facebook Messenger anschaut, ist kein Unterschied zu sehen zwischen Nachrichten, die man händisch verschickt und Nachrichten, die der Bot verschickt. Anders verhält es sich zum Beispiel bei Twitter: Ich habe die Interaktions- und Klickraten von händisch befüllten Twitter-Accounts mit automatisierten verglichen. Bei automatisierten Accounts nehmen die Raten um mehr als die Hälfte ab.
Fällt der Community das automatisierte Absetzen von Posts auf?
Gorgs:
Meiner Meinung nach kommt es immer auf die Zielsetzung an, die man mit einem sozialen Netzwerk verfolgt. Wenn Kontakt zur Community aufgebaut werden soll, die Community gefestigt und gestärkt werden soll, rate ich von automatisierten Posts ab. Die Community merkt sehr schnell, ob Content automatisiert gepostet wird. Eine weitere Möglichkeit ist, nur ab und zu automatisierte Posts unterzumischen, die der Community ebenfalls einen Mehrwert bieten.
In welchen Fällen und auf welchen Kanälen würden Sie zur Automatisierung raten?
Gorgs:
Das kommt immer auf die Ziele an, die man mit dem jeweiligen Netzwerk verfolgt. Im Facebook Messenger würde ich derzeit automatisierte Chatbot-Nachrichten empfehlen. Hier lohnt es sich, viel zu testen, da Chatbots noch sehr neu sind. Die Community, die Nachrichten über Facebook-Messenger abonniert, ist noch sehr klein. Da wird sich noch vieles ändern und liegt viel Potenzial drin.
Kann eine Automatisierung das Eingreifen eines Social Media oder Community Managers ersetzen?
Gorgs:
Nein, eine Automatisierung kann derzeit nicht das Eingreifen eines Community Managers ersetzen. Eine Community wächst und gedeiht derzeit ausschliesslich mit der Hilfe eines guten Community Managers, der vor allem zuhört, interagiert, aber auch mal eingreift oder zurücktrollt, wenn es angemessen ist. Chatbots bergen auch beim Thema Interaktion noch viel Potential und werden noch deutlich weiterentwickelt werden.
Interessant werden Chatbots in ein paar Jahren, wenn sie auch verstehen, was ich sie frage und mir eine Antwort geben, die mir einen Mehrwert liefert. Dann fange ich als User an, sie zu nutzen. Aber selbst dann wird ein Community Manager noch nicht überflüssig sein. Genau wie zum Beispiel bei Amazon Echo und anderen Spracherkennungs-Systemen entstehen hier sehr spannende Ansätze.




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