Influencerin Laura Noltemeyer 12.03.2019, 15:43 Uhr

"Ich glaube, dass es ­Influencer Marketing immer geben wird"

Unternehmen wollen immer öfter längerfristig mit Influencern zusammenarbeiten. Zudem prüfen sie inzwischen genau, ob sich das Engagement wirklich rechnet. Ein Gespräch mit der Bloggerin Laura Noltemeyer.
(Quelle: Designdschungel)
Laura Noltemeyer gehört zu den erfolgreichsten Influencern in Deutschland. Nach einem Masterabschluss in Architektur startete sie 2014 den Blog "Design­dschungel", in dem sie über Fashion, Lifestyle, Reisen und Design berichtet. Sie ­arbeitet mit Unternehmen wie L’Oréal, Sensai und Westwing zusammen und ist ein gefragtes Gesicht für Werbekampagnen. Zudem designt sie eine eigene Tapeten- und Schmuckkollektion und hat mit ihrem Partner Julian Pabel vor einem Jahr die Agentur Influencing 101 gegründet.
Frau Noltemeyer, traditionell gibt es zu Jahresbeginn auch immer zahlreiche Trend-Prognosen. In diesem Kontext war zu lesen, dass Influencer Marketing seinen Zenit überschritten habe. Ich nehme an, Sie sehen das anders?
Laura Noltemeyer: Ich glaube, dass es ­Influencer Marketing immer geben wird. Ich glaube, die Branche verändert sich ­gerade, weil sie professioneller wird. Ich glaube aber auch, dass die Influencer ­gezwungen sind, guten Content zu schaffen, der einen Mehrwert für ihre Follower bietet. Sie müssen den Lesern das Gefühl geben, dass es ihnen was bringt, wenn sie sich ihren Kanal ansehen. Für alle, die das nicht so machen, wird es schwierig. Aber Influencer, die interessante Inhalte zeigen, wird es immer geben.
Aus Ihrer Sicht: Welche Trends zeichnen sich derzeit ab?
Noltemeyer: Erstens kommt es zwischen Influencern und Brands immer öfter zu ­einer langfristigen Zusammenarbeit. Man produziert nicht nur einmalig Content, sondern denkt und plant für einen langfristigen Zeitraum. Dabei können vor allem der Marketingplan des Unternehmens mit einbezogen und kreative Ideen der Umsetzung für bestimmte Trends seitens des Unternehmens integriert werden. Manchmal wird ein Influencer sogar Ambassador, also Werbegesicht einer Marke. Dadurch wird alles viel authentischer und es entsteht bestenfalls eine starke Beziehung zur Marke.
Ein zweiter Trend ist, dass die Performance immer genauer getrackt wird. Brands schauen sich sehr genau an, mit welchen Influencern es am besten läuft, wer am besten zu ihnen passt. Und drittens wird immer stärker auf Persönlichkeit geachtet. Influencer werden also nicht mehr nur nach ihrer Reichweite aus­gewählt, sondern auch danach, was sie in ihrer Freizeit machen, wie sie sich nach ­aussen präsentieren und ob ihre Persönlichkeit zur Brand-ID oder den Werten des Unternehmens passt.
Diese längerfristige Zusammenarbeit: Ist dies ein Wunsch der Influencer oder geht das von den Marken aus?
Noltemeyer: Da spielen mehrere Faktoren mit. Wir bei Designdschungel achten seit langer Zeit schon darauf, dass wir nur längerfristige Sachen machen. Aber auch Firmen wünschen sich, dass man nicht nur einmal auf dem Kanal gesehen wird und dann wieder weg ist, sondern öfter, damit man auch mit der Marke in Verbindung gebracht wird. Wir achten auch auf einen permanenten Austausch, damit man sich immer wieder anpassen kann. Ein logischer Effekt ist die engere Verbindung zur Marke. Ich merke dies am Feedback meiner Leser. Sie fragen mich immer wieder explizit nach Brands, mit denen ich schon länger zusammenarbeite. Es ist also ein Win-win für alle Beteiligten.
Was bedeutet längerfristig? Ist das ein Zeitraum von Monaten oder einem Jahr?
Noltemeyer: Das kommt auf das Produkt an. Wir machen es meistens so, dass wir mit drei Monaten anfangen. Wir haben aber auch Verträge über ein Jahr oder länger.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch: Ein Influencer sollte sich gut überlegen, für welche Marke er wirbt. Denn er geht eine Beziehung ein.
Noltemeyer:
Genau. Es bedeutet zudem auch, dass er mit weniger Brands zusammenarbeitet. Also nicht: Heute ist die Marke A cool, morgen die Marke B. Er muss sich festlegen. Ich würde auch nichts empfehlen, was mir nicht gefällt. 
Was bedeutet es für einen Influencer, wenn alles genauer getrackt wird: Muss er sich besser an die Wünsche der Kunden anpassen, weil er sonst seinen Job wieder los ist?
Noltemeyer: Das würde ich so nicht sagen. Es geht einfach darum zu prüfen, ob die Leserschaft des Influencers zur Marke passt. In den vergangenen Jahren war es so, dass die Brands vor allem auf reichweitenstarke Influencer fixiert waren. Die hatten zwar eine grosse Followerschaft, aber nicht den hundertprozentigen Brand-Fit. Das ändert sich gerade. Unternehmen merken, dass es nicht unbedingt ein reichweitenstarker, internationaler Influencer sein muss. Ein lokaler Influencer kann das Produkt vielleicht viel besser promoten. 
Laura Noltemeyer ist übrigens auch Speakerin auf der INTERNET WORLD EXPO. Diese findet am 12. und 13.3 in München statt. Holt euch noch schnell ein kostenloses Ticket!
L. Noltemeyer auf Instagram
Quelle: Instagram/Designdschungel

"Instagram ist eine Plattform, die einem nicht gehört"

Wie prüfen Sie, ob eine Marke zu Ihnen als Influencerin passt?
Noltemeyer:
Marke und Produkt müssen mir gefallen und ich muss das Gefühl haben, dass sie für meine Follower interessant ist. Die Brand muss einen Mehrwert für meine Leser haben und natürlich muss auch das Bauchgefühl stimmen. Aber wir kommunizieren anfangs immer viel mit dem Kunden, denn besonders der kreative Freiraum und die Vorstellungen der Kunden sind besonders wichtig. 
Sie sind auf Instagram, Facebook, Pinterest und YouTube aktiv. Spüren Sie eine Verschiebung unter den einzelnen Social-­Media-Plattformen?
Noltemeyer: In den letzten Jahren hat vor allem die Bedeutung von Instagram zugenommen. Mit Instagram Stories wurde Snapchat abgelöst. Mit dem Feature "IGTV" können Videos mit einer Länge von bis zu einer Stunde in 4K-Qualität hochgeladen werden: Damit tritt Instagram auch mit Youtube in Konkurrenz.
Im Beauty-Bereich spielt Influencer Marketing längst eine grosse Rolle. Ist die Dis­ziplin auch für andere Branchen geeignet, wenn auch in unterschiedlicher Dosierung?
Noltemeyer
: Auf jeden Fall. Man muss als Unternehmen aufpassen, mit welchen ­Influencern man zusammenarbeitet. ­Influencer sind auch für einen Baumarkt interessant, wenn sie eine Leserschaft ­haben, die sich für Heimwerken oder den Hausbau interessiert. Jede Brand kann ­eine bestimmte Leserschaft ansprechen. Mit unserer Agentur haben wir zum Beispiel Kampagnen im Gesundheitsbereich umgesetzt - auch da findet man sehr interessante und authentische Influencer, die perfekt passen.
Sie haben sich als Bloggerin und Influencerin breit aufgestellt: mit einer eigenen Tapeten- und Schmuckkollektion, mit einer eigenen Agentur und nun auch als Speakerin. Wie wichtig ist es, sich so zu positionieren? Oder anders gefragt: Muss man als Influencer diversifizieren, um langfristig wirtschaftlich zu überleben.
Noltemeyer: Man braucht nicht unbedingt eine eigene Kollektion. Man sollte sich aber auf jeden Fall etwas breiter als nur auf Instagram aufstellen. Denn Instagram ist eine Plattform, die einem nicht gehört. Die Beispiele StudiVZ, My Space und in mancher Hinsicht auch Facebook zeigen, dass man sich nicht völlig in Abhängigkeit begeben sollte. Deswegen sollte man auch noch andere Sachen nebenbei machen. Zumindest sollte man sich darüber Gedanken machen, um nicht von Instagram abhängig zu sein. Nebenbei habe ich schon seit langer Zeit Unternehmen beraten, deswegen war die Agentur Influencing 101 nur ein logischer, aber auch schon länger geplanter Schritt.




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