Was Klicks auf einer Jobplattform über Diskriminierung verraten

Diskriminierung nimmt gegen Ende des Tages zu

Dabei zeigte sich, dass ausländische Kandidatinnen und Kandidaten im Durchschnitt 6,5 Prozent weniger häufig kontaktiert wurden als Schweizer mit ansonsten identischen Charakteristika. Diese Benachteiligung war besonders ausgeprägt bei Migrantinnen und Migranten aus dem Balkan, aus Afrika, dem Nahen Osten und Asien, die im Alltag oft mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Das Forscherteam konnte ausserdem nachweisen, dass die ausländische Herkunft gegen Mittag und Abend einen stärkeren negativen Einfluss hat – dann, wenn die Rekrutierenden die Lebensläufe schneller durchgehen. Derselbe Mensch trifft je nach Tageszeit also andere Entscheidungen. «Dieses Resultat spricht dafür, dass auch unbewusste Mechanismen – etwa Stereotypen in Bezug auf Minderheiten – zu Diskriminierung beitragen», sagt Co-​Autor Dominik Hangartner. Diese unbewussten Mechanismen spielten insbesondere dann eine Rolle, wenn wir müde seien oder Feierabend machen wollten.
Ausserdem konnten die Forscher zeigen, dass beide Geschlechter von Diskriminierung betroffen sind. Bei gleicher Qualifikation werden Frauen vor allem in typischen Männerberufen diskriminiert und Männer in typischen Frauenberufen. In den fünf Berufen mit dem geringsten Frauenanteil haben Frauen eine 7 Prozent tiefere Wahrscheinlichkeit, kontaktiert zu werden. In den fünf Berufen mit dem höchsten Frauenanteil werden sie mit 13 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit kontaktiert. Laut Co-​Autor Michael Siegenthaler scheint bei einigen Rekrutierenden nach wie vor die Ansicht zu bestehen, dass Frauen für gewisse Berufe eher geeignet seien als Männer und umgekehrt. «Das führt dazu, dass die berufsspezifische Segregation bestehen bleibt oder sogar noch verstärkt wird.»

Mehr Diskriminierung durch Digitalisierung?

Online-​Plattformen wie Job-​Room werden bei der Rekrutierung immer wichtiger. Nimmt also auch die Diskriminierung bei der Stellensuche zu? Davon gehen die Forscher nicht aus. Es gebe keine Evidenz, dass auf solchen Plattformen stärker diskriminiert werde als in anderen Rekrutierungsprozessen. Gemäss Daniel Kopp ist Diskriminierung vielmehr ein strukturelles und gesellschaftliches Problem, das sich im gesamten Arbeitsmarkt widerspiegelt. «Bei Online-​Portalen können wir aber die vorhandenen Daten nutzen, um solche Benachteiligungen detailliert zu untersuchen. Und darauf aufbauend dazu beizutragen, Strategien zu entwickeln, um sie zu bekämpfen.»
Hinweis: Dieser Artikel stammt ursprünglich von «ETH-News» und wurde von Franziska Kohler verfasst.




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