Veronica McGregor 09.07.2017, 11:23 Uhr

Social Media bei der NASA: "Höchst besorgt über Asteroiden"

Die Nasa hat auf Social Media Millionen von Fans. Dabei helfen spektakuläre Fotos und Videos. Ein Gespräch mit der zuständigen Managerin Veronica McGregor.
Veronica McGregor, News and Social Media Manager Nasa, auf der Konferenz "Engage Prague" im Mai
(Quelle: Socialbakers)
Am Rande der Social-Marketing-Konferenz "Engage Prague" führt Veronica McGregor einen Interview-Marathon durch. Die Social-Media-Managerin der Nasa ist international eine gefragte Gesprächspartnerin. Sie gründete bei der Nasa den ersten Twitter-Account und ­baute dort sukzessive die Social-Präsenz aus. Inzwischen führt sie ein Social-Media-Team, mit dem sie im Jahr rund 400 Beiträge veröffentlicht, dazu noch Dutzende von multimedialen Inhalten.
Veronica, die Nasa hat über 19 Millionen Fans auf Facebook. Nicht viele Marken können das von sich behaupten.
Veronica McGregor: Das liegt zum Teil ­daran, dass wir ein sehr aufgeschlossenes Unternehmen sind, höchst unterhaltsame Bilder haben und grossartige Entdeckungen sofort veröffentlichen können: Dafür gibt es sonst auf Social Media nur wenige Plattformen, zu denen beispielsweise auch National Geographic gehört. Uns zeigt dies, dass die Menschen an wissenschaftlichen Themen sehr interessiert sind. Wir konnten hier eine grosse Community aufbauen.

Welche Massnahmen ergreifen Sie dafür?
McGregor: Wir haben im Jahr 2009 erstmals einen Event veranstaltet, bei dem wir unsere Social-Media-Follower zu einem der Nasa-Standorte eingeladen haben. Wir haben ihnen dort Blicke hinter die Kulissen gewährt, gezeigt, wo und wie wir Raumfahrzeuge bauen. Sie konnten mit Ingenieuren und Wissenschaftlern sprechen. Wir haben für sie Führungen veranstaltet, die sonst nur für hochrangige ­Regierungsmitglieder reserviert sind. Die User konnten miteinander in Kontakt kommen und sich vor Ort ein Bild von der Nasa machen. Die meisten haben uns als echte Fans verlassen. Inzwischen haben wir mit solchen Events Tausende von Menschen angesprochen und viele überzeugte Anhänger gewonnen.

Damit kommt man zu 19 Millionen Fans?
McGregor: Sogar zu mehr. Diese 19 Millionen sind die vom übergreifenden Nasa-Account. Wir haben aber noch die ­Auftritte von zehn weiteren Nasa-Centern, die ebenfalls Millionen von Fans haben. Ich bin beispielsweise für die Nasa in Kalifornien zuständig, wo wir vier Millionen Fans haben - mit Seiten wie Nasa Jet Propul­sion Laboratory, Nasa’s Curiosity Mars Rover oder Nasa’s Cassini Mission to Saturn. ­Also: Über die Nasa erhalten Sie übergreifend News zu Astronauten und Planeten, Sie können sich aber auch über ganze spezielle Projekte wie den Rover informieren. Die User können wählen, welchem unserer Kanäle sie folgen wollen.

Sie sind mit der Nasa nicht nur auf Mainstream-Kanälen wie Facebook und Youtube präsent, sondern auch auf vielen eher spezialisierten Social-Media-Plattformen wie Vine, Flickr oder Slide Share. Wie managen Sie diese Multichannel-Präsenz und wer entscheidet, welcher Content in welcher Form auf welchem Kanal zu sehen ist?
McGregor: Die Nasa ist ein grosses Unternehmen, entsprechend sind wir auch im Bereich Social Media aufgestellt. Wir haben ein grösseres Social-Media-Team im Headquarter in Washington DC und in den zehn über das ganze Land verteilten Nasa-Zentren noch einmal einzelne Teams, bei denen jeweils zwei, drei Leute für Social Media zuständig sind. Alle Center können eigenverantwortlich entscheiden, welche Inhalte sie posten. Aber die Mitarbeiter wissen natürlich, dass es sich bei Postings um die einer öffentlichen ­Behörde handelt. Um uns abzustimmen, haben wir wöchentlich Telefonkonferenzen, auf denen wir all die Themen unter­einander diskutieren. Wir führen Listen über alle anstehenden Themen und Events.

Sie haben verschiedene Facebook-, Instagram- und Twitter-Accounts, aber nur ­einen auf Snapchat. Warum?
McGregor: Wir waren einfach der Ansicht, dass es auf Snapchat bei einem einzigen Auftritt bleiben sollte. Und damit sind wir sehr erfolgreich. Wir veröffentlichen dort echte Top News. Wir haben anfangs kurz überlegt, ob unsere 19 Millionen User überhaupt noch einen weiteren Kanal benötigen, da sie schon genügend News von uns erhalten. Aber Snapchat läuft richtig gut.

Im Grunde arbeiten Sie wie ein Medien­unternehmen.
McGregor: Ich habe 15 Jahre als Producerin bei CNN gearbeitet, bevor ich zur Nasa kam. Mein Job bei der Nasa ist exakt der gleiche wie damals bei CNN. Wir haben einen Newsroom und Journalisten, die bestimmte Bereiche beobachten. Einer kümmert sich um die Erde, einer um den Mars, einer um kleine Planeten und Asteroiden, einer um Jupiter und Saturn. So versuchen wir, mit unserem Newsroom das ganze Universum im Blick zu behalten.

Sind Ihre Mitarbeiter Wissenschaftler oder Journalisten?

McGregor: Die meisten sind ehemalige Journalisten. Wie vorher in ihren Jobs ­suchen sie jetzt auch in ihren Gebieten nach neuen Storys oder überraschenden wissenschaftlichen Entdeckungen. Sie schreiben Texte, erstellen und bearbeiten Videos, Grafiken und Animationen und verteilen diese über Social Media, aber auch klassische Medien.

Wie gehen Sie mit den Reaktionen der User um? Manche Instagram Posts der Nasa führen zu Tausenden von Kommentaren. Schaffen Sie es, all diese Fragen  zu lesen und im Zweifel darauf zu reagieren? Oder beschäftigen Sie dafür Bots?
McGregor: Nein, wir haben keine Bots, obwohl unsere Teams sehr klein sind. Wir beantworten all die Fragen, bei denen wir merken, dass die Community auch eine Antwort erwartet. Auf Facebook oder Twitter müssen wir sehr häufig reagieren.

Welche Themen beschäftigen denn die Menschen so?
McGregor: Viele unserer User sind beispielsweise über Asteroiden höchst ­besorgt. Jeden Tag taucht irgendwo die Frage auf, ob uns eines Tages Asteroiden vernichten werden. Wir haben deshalb ­sogar den eigenen Account Asteroid Watch eingerichtet. Also: Wir tun unser Bestes, wir widmen allen Kommentaren unsere Aufmerksamkeit, aber wir können leider nicht auf jede Frage antworten.

Wie wichtig ist es, die Aktivitäten zu monitoren? Analysieren Sie den Erfolg bestimmter Inhalte oder neuer Formen wie beispielsweise Live Videos?

McGregor: Klar machen wir das. Erst kürzlich haben wir beispielsweise die Reaktionen auf unsere Berichte über das neue Trappist-Planetensystem genau untersucht. Die spektakuläre Landung des Fahrzeugs Rover Curiosity auf dem Mars im Jahr 2012 war unser grösstes Social Media Event.
Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, die Ereignisse untereinander zu vergleichen. Wir analysieren lieber die einzelnen Events. Dabei geht es uns weniger darum, dass die Zahl der Follower wächst, sondern darum, welches Engagement sie auslösen. Wir beobachten, welche Videos angesehen und geteilt werden und welche Kommentare sie hervorrufen. Gerade bei der Einführung neuer Produkte wie unseren 360-Grad-Videos haben wir intensiv auf unsere Commu­nity gehört.

Wenn man die offiziellen Nasa-Channel auf YouTube aufruft, findet man in unmittelbarer Nachbarschaft auch Videos zu Aliens oder allerlei Verschwörungstheorien nach dem Motto: Hier kannst Du sehen, was die Nasa vor Dir geheimhalten will. Wie geht die Nasa damit um?
McGregor: Das ist tatsächlich ein Thema. Wir haben darüber auch mit Vertretern von YouTube gesprochen und verwenden seitdem den Playlist-Embed-Code. Jedes unserer Videos ist jetzt mit einem Playlist-Code versehen, der dafür sorgt, dass auf ein offizielles Nasa-Video ein weiteres von uns folgt.




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