Die Digitalwelt in Zahlen 21.03.2017, 09:54 Uhr

So kämpfen Medienunternehmen gegen Adblocker

Im Fall Adblocker versus Medien- und Werbeindustrie geht es längst nicht mehr (nur) um Schuldzuweisungen. Die Branche arbeitet an Massnahmen, um dem User bessere Werbung zu bieten - und die Verbreitung von Werbeunterdrückern einzudämmen.
Die Browser Extension AdBlock Plus nutzen über 100 Millionen User aktiv.
(Quelle: shutterstock.com/Pinone Pantone)
Adblocking ist kein neues Phänomen mehr und ein leidiges Thema, das allen Branchenteilnehmern seit Jahren viele Nerven kostet. Die anfänglichen gegenseitigen Schuldzuweisungen geraten langsam aber sicher in den Hintergrund und weichen einem Verständnis dafür, dass der Nutzer schlechte Werbung satt hat und versucht sich zu wehren.
Quelle: Statista
Die Befragung von Teads unter 1.003 Nutzern ab 18 Jahren, die Adblocker installiert haben, ist zwar schon zwei Jahre alt, hat aber an Aktualität nichts verloren. Denn die Gründe, warum User Werbeunterdrücker nutzen, sind immer noch dieselben. Lediglich Privacy- beziehungsweise Datenschutzbedenken dürften inzwischen zugenommen haben. 
So einfach mit den Werbeunterdrückern - und den dazugehörigen Anbietern wie eyeo - leben, kann die Werbe- und Medienindustrie dann aber nicht. Zu viel Geld und User-Vertrauen gehen verloren, um die Entwicklung kommentarlos hinzunehmen. Daher haben sich in den vergangenen Jahren und Monaten einige Massnahmen etabliert, die die Verbreitung von Adblockern eindämmen und "verlorene" Nutzer zurückholen sollen.

1. Juristische Massnahmen

Seit 2015 kämpfen Medienunternehmen wie Axel Springer, ProSiebenSat.1, RTL, die Süddeutsche Zeitung oder Spiegel Online vor Gericht gegen eyeo, Hersteller der Browser Extension AdBlock Plus. eyeo ist bei Weitem nicht der einzige Anbieter, in Deutschland jedoch der populärste und grösste und damit Hauptangriffspunkt der Unternehmen.
Die meisten Anklagepunkte beinhalten kartellrechtliche, wettbewerbsrechtliche oder Schadensersatz-Klagen. Grosser Streitpunkt ist eyeos Whitelisting. Vor den Landgerichten war keiner der Kläger richtig erfolgreich, die meisten Punkte wurden abgewiesen. Anders sah es dann bei Axel Springer vor dem Oberlandesgericht Köln im Sommer 2016 aus. Das Prinzip Adblocking wurde zwar nach wie vor als nicht wettbewerbswidrig eingestuft, dafür aber eyeos Geschäftsmodell.
Nach dem Urteil darf AdBlock Plus in Deutschland nicht mehr vertrieben werden - solange Webseiten von Springer betroffen sind. Auch bereits ausgelieferte Versionen dürfen nicht mehr gepflegt werden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden, da es um "Rechtsfragen mit grundsätzlicher Bedeutung" geht.
Aktuell steht zudem noch das Urteil vom OLG München aus. Hier machten im März 2017 Medienunternehmen wie die "Süddeutsche Zeitung" und ProSiebenSat.1 mit ihren Versuchen, juristisch gegen Eyeo vorzugehen weiter. Nach Meinung der Kläger greift die Software erheblich in die Strukturen ihrer Internetseiten mit journalistischen Inhalten ein. In der Folge könnten annähernd keine Werbeerlöse mehr erzielt werden. Ein Urteil soll im Frühjahr/Sommer erfolgen.

2. Erzieherische Massnahmen, Kampagnen und Co

Wie kann man den Nutzer nachhaltig vom Handel "Online-Content nur gegen Werbung oder Geld" überzeugen? Der "Deal" ist in Print oder TV gelernt - im Internet jedoch nicht. Daher versuchen einige Publisher auch mit erzieherischen Massnahmen die Adblocker-Nutzung einzuschränken. Die Bandbreite reicht hier von Informationshinweisen und Aufklärungsversuchen bis hin zu PR-Aktionen.
stern.de etwa testete eine humoristisch angelegte Kampagne mit Testimonials wie den stern-Redakteuren Christian Krug und Philipp Jessen oder den Kolumnisten Hans-Ulrich Jörges und Micky Beisenherz. Die Werbemotive bekamen Nutzer mit Adblocker angezeigt. Ihnen wurde eine Anleitung ausgespielt, wie sie die Software in drei einfachen Schritten für stern.de deaktivieren können.
Gruner und Jahr ist diesbezüglich auch auf anderen Portalen sehr aktiv. Auf den Websites der Frauenmagazine Brigitte und Gala sowie bei den Online Communities Urbia.de und Chefkoch.de bekommen Leser Texteinblendungen, die zum Deaktivieren der Blocker bewegen sollen.




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