Auswirkung der AdWords-Änderungen 30.05.2016, 14:50 Uhr

"Google stellt sich für eine Mobile-First-Welt auf"

Seit gut einer Woche gibt es einige Ads- und Analytics-Neuerungen bei Google. Plan.Net Performance konnte die neuen Formate als eine der ersten Agenturen in Deutschland testen und berichtet von den Erfahrungen.
Thomas Herrmann, Geschäftsführer von Plan.Net Performance
(Quelle: Plan.Net)
Auf dem Google Global Performance Summit wurden vergangenen Dienstag in San Francisco einige Änderungen beim Suchmaschinengiganten aus Kalifornien vorgestellt: Neben Neuerungen bei lokalen Suchanzeigen und Erweiterungen des Google Display Netzwerks (GDN) bietet Google ab sofort auch erweiterte Werbe- und Darstellungsmöglichkeiten bei den klassischen Suchanzeigen, sogenannte Extended Text Ads (ETA).
Plan.Net Performance hat die neuen Google-Formate als eine der ersten Agenturen in Deutschland für einen Kunden getestet und dabei schon Erfahrungen sammeln können. Welche das sind, erklärt Thomas Herrmann, Geschäftsführer von Plan.Net Performance.
Beginnen wir mit den Google Extended Text Ads: Was sind die wichtigsten Änderungen hier und was bedeutet das für die Kreation?
Thomas Herrmann
: 25/35/35 war bis dato das festgesetzte Zeichenlimit für Titel, Text und URL, wenn es um die Kreation von Textanzeigen in der Google Suche ging. Diese Begrenzung konnte den Werbungtreibenden bisweilen in arge Bedrängnis bringen, beispielweise wenn man eine "Tierhalterhaftpflichtversicherung" (33 Zeichen) bewerben wollte.
Seit vergangener Woche bietet Google nun ausgewählten Advertisern mehr Freiheit: Zwei Headlines von jeweils 30 Zeichen sowie eine 80 Zeichen umfassende Textzeile bieten ausreichend Raum für den Einsatz von USPs und Call-to-Actions. Die Domain der Anzeigen-URL generiert sich nun zudem automatisch aus der hinterlegten Ziel-URL, dazu kommen zwei Felder für die individuelle Definition des URL-Pfades.
Dass die Anzeigenkreation durch die Erweiterung der Zeichenlimits leichter geworden ist, ist aber nur bedingt richtig. Während Advertiser im alten Format dazu gezwungen waren, sich auf die wichtigsten Informationen zu beschränken, besteht nun Gefahr, unnötige Textfüller zu verwenden und somit vom eigentlichen Kern abzulenken.
Ist das nun ein logischer Ausgleich, nachdem erst vor wenigen Wochen sämtliche Anzeigen in der rechten Spalte neben den Suchergebnissen abgeschaltet wurden?
Herrmann: Zugegeben, für diejenigen die sich jahrelang an die Anzeigen auf der rechten Seite sowie die linksbündige Darstellung gewöhnt hatten, sah die Google-Suchergebnisseite seit Februar fast ein bisschen leer aus.
Die erweiterten Textanzeigen sind seit Montag, den 23. Mai, live. Die ersten Resultate sind vielversprechend und bestätigen den erwarteten Uplift in den Kernmetriken (höhere Klickraten bei leicht gesunkenem CPC). Google selbst prognostiziert einen Uplift der Klickrate von bis zu 20 Prozent. Da das neue Format während der Betaphase nur eingeschränkt ausgespielt wird und bisher nur wenige Advertiser freigeschaltet sind, wird sich der tatsächliche Effekt wohl erst in ein paar Monaten zeigen. An Googles Strategie, die Premium-Positionen weiter zu stärken, hat sich unterdessen nichts geändert. So werden die erweiterten Textanzeigen, wie andere Erweiterungen auch, verstärkt auf den Premium-Positionen 1 bis 3 ausgespielt. Der Wettbewerb wird nicht geringer.
Eine weitere Neuerung ist, dass Google sein Google Display Netzwerk (GDN) auf zusätzliche Ad Exchanges ausweitet. Was halten Sie davon?
Herrmann: Zunächst einmal können über das Google Display Netzwerk (GDN) Werbungtreibende klassische Display-Anzeigen auf einer Vielzahl von teilnehmenden Websites und Blogs publizieren. Unter dem Stichwort "Cross-exchange for Display Remarketing Campaigns" ermöglicht Google seinen Kunden nun, Remarketing-Kampagnen über zusätzliche Inventar-Quellen auszuweiten. Bislang griff Google hierzu lediglich auf die DoubleClick Ad Exchange zurück.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem GDN und gängigen Ad Exchanges ist das Gebotsverfahren. Während im GDN meist nur Kosten anfallen, wenn ein Werbemittel auch tatsächlich geklickt wird (CPC, Cost per Click), lassen sich die AdExchanges in der Regel für jede Werbeeinblendung (CPM, Cost per Mille) vergüten.
Mit der Ausweitung des GDNs auf zusätzliche Ad Exchanges geht Google nun also ein gewisses Risiko ein, könnte man meinen. Theoretisch stimmt das auch, zumal Google die Werbeleistung nun höchstwahrscheinlich selber auf CPM-Basis einkauft und seinen Kunden auf CPC-Basis anbietet. Allerdings wäre es nicht Google, wenn sie nicht genau wüssten, was sie tun.
Die neu hinzugewonnene Reichweite beschränkt sich ausschliesslich auf Remarketing-Kampagnen. Die hier generierten Klickraten sind erfahrungsgemäss um ein Vielfaches höher als bei Kampagnen mit anderen Targeting-Optionen. CTRs von 0,20 Prozent und höher für Standard-Formate sind nicht unüblich. Mit der höheren zu erwartenden CTR ist Google auch in der Lage entsprechend höhere CPMs zu zahlen, beziehungsweise die eigene Marge zu sichern. Dass dieses Einkaufsmodell sehr erfolgreich seien kann, haben andere Anbieter wie Criteo längst bewiesen.
 
Die Erweiterung von Remarketing-Kampagnen im GDN auf zusätzliche Ad Exchanges stellt also nicht unbedingt eine Kannibalisierung dar, sondern ist vielmehr eine für Google sinnvolle Ergänzung.
 
Eine weitere Neuankündigung sind "Responsive Ads for Display". Was sollen diese bringen?
Herrmann: Das sind Werbeanzeigen, die sich individuell dem jeweiligen Content anpassen, in welchem sie platziert werden. Damit lassen sich im GDN auch Werbeplätze belegen, die keinem der gängigen Format-Standards folgen. Gerade bei Sonderformaten hat sich DoubleClick in der Vergangenheit als nicht sehr flexibler Partner dargestellt. "Responsive Ads for Display" dürften sich vor allem auf Mobile Devices positiv auswirken und native Werbeintegrationen ermöglichen. Google stellt sich hier Schritt für Schritt für eine "Mobile First"-Welt auf und wird durch die Anpassungen die Reichweite deutlich ausbauen.
Was die Neuerung tatsächlich bringt, wird sich wohl nur durch einen Test ausführlich beantworten lassen. Mit der immer grösser werdenden "Spielwiese“ Google wachsen zunehmend jedoch auch die Überschneidungen mit anderen Bereichen des Marketings. Umso wichtiger wird es, alle Massnahmen im Rahmen einer übergreifendenStrategie entsprechend zu bewerten und aufeinander abzustimmen.
Schliesslich wurden in San Francisco auch Neuerung für lokale Suchanzeigen, sogenannte Local Search Ads (LSA) angekündigt…
Herrmann: Ja, es wird für Werbungtreibende zukünftig möglich sein, Anzeigen auf mobilen Endgeräte und dem Google Kartendienst optisch stärker hervorzuheben. "Promoted Pins" setzen das Unternehmenslogo bei der Navigation über Google Maps prominent in Szene. Sucht ein potenzieller Kunde unterwegs nach Dienstleistungen oder Produkten und klickt auf einen solchen Pin, sollen zukünftig neben den üblichen Anzeigentexten auch aktuelle Informationen zu Angeboten oder Promotions verfügbar sein.
Google reagiert mit dieser Neuerung auf den ungebrochenen Trend zur mobilen Nutzung seiner Dienste. Nach eigenen Aussagen bezieht sich bereits mehr als ein Drittel aller mobilen Suchanfragen direkt auf lokale Dienstleistungen, wie Cafés, Restaurants oder Geschäfte. Darüber hinaus wachsen mobile Anfragen mit lokalem Bezug um 50 Prozent schneller als die Gesamtheit aller mobilen Suchanfragen weltweit.
Ihre Learnings also?
Herrmann: Google verändert sein Gesicht als Werbeplattform vor dem Hintergrund steigender Konkurrenz und eines sich rasant ändernden Nutzungsverhaltens. Vor allem Facebook hat es verstanden, von der zunehmenden Mobilisierung der Internetnutzung zu profitieren. Für Werbungtreibende und Agenturen bedeutet dies, Entwicklungen und Neuerungen genau zu beobachten und den Mut aufzubringen, Experimente zu wagen und eingefahrene Wege zu hinterfragen.



Das könnte Sie auch interessieren