Neue Start-ups 24.10.2016, 07:04 Uhr

Die Frachtlogistik von morgen ist digital

Aufwendige Preisrecherchen und viel Papierkram prägen oft den Alltag beim Warentransport. Doch mit der Digitalisierung der Logistikbranche entstehen neue Dienstleister, die Abhilfe versprechen.
(Quelle: Fotolia.com / Lembergvector)
Egal, ob bei der Beschaffung der Ware oder beim Versand der bestellten Artikel an den Kunden - Shop-Betreiber sind in Sachen Logistik ständig mit den verschiedensten Anforderungen konfrontiert: Paketdienste und Speditionen haben unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich maximaler Grösse und Gewicht, unterscheiden sich in der Geschwindigkeit und natürlich im Preis. Jeder hat sein eigenes Versand­label und Tracking-System sowie seine ­eigene Integration in die IT-Landschaft des Shops. Je nachdem, wohin verschickt wird, kommen Zollformalitäten und rechtliche Anforderungen im Zielland dazu. 
Vor allem für kleinere Händler, die vielleicht nur 100 Pakete im Monat an Kunden im europäischen Ausland verschicken oder nur zweimal im Jahr einen Container mit Ware aus Fernost beziehen, ist der Aufwand oft unverhältnismässig gross, ­zumal der Digitalisierungsgrad in der ­Logistikbranche noch nicht sehr hoch ist: Platz zehn erreicht die Transportbranche in einem Branchenvergleich, den das Digital Intelligence Institute im Auftrag von Dvelop durchgeführt hat. Die Informations- und Telekommunikationsindustrie, Banken und Versicherungen, Medien und auch die Elektroindustrie sind da schon ein gutes Stück weiter.

Analoge Prozesse machen die Logistik schwerfällig

"Der Frachttransport steht heute in etwa an der Stelle, an der der Personentransport vor 20 Jahren stand: Da ging man in ein Reisebüro, es wurde in Katalogen geblättert und Angebote berechnet. Heute buchen wir selbst binnen weniger Minuten auf einem Online-Portal. Viele Prozesse in Speditionen sind heute noch sehr analog: Wenn Sie einen Container buchen wollen, stellen Sie bei mehreren Anbietern telefonisch, per Fax oder Mail eine Anfrage und warten teilweise bis zu drei Tage auf Ihr Angebot", beschreibt Ferry Heilemann, Gründer und Geschäftsführer von Freighthub, den Status quo. 
Genau das möchte Heilemann ändern: Freighthub ist nach eigenen Angaben die erste voll digitale Frachtspedition Europas. Nach einer dreimonatigen Testphase ist das Start-up aus Berlin im August gestartet. In der Anfangsphase konzen­triert sich Freighthub auf den Containertransport von Asien nach Europa, später sollen die Gegenrichtung sowie Transportwege von und nach den USA dazukommen.

Preisrecherche in der Datenbank

Das Konzept: In einer Datenbank sammelt Freighthub alle relevanten Daten wie etwa die Seefrachtraten, die erwartete Abfahrts- und Ankunftszeit, angefahrene Häfen, Hafengebühren, Zollanforderungen, die Kosten für den sogenannten Nachlauf, ­also den Lkw-Transport vom Hafen zum Zielort, und Ähnliches. Sucht ein Händler ­einen Transport, kann er sich nach der ­Registrierung in die Plattform einloggen, seine Anfrage eingeben und erhält über ­einen Suchalgorithmus nahezu in Real-Time alle verfügbaren Verbindungen - meist 100 bis 200 Stück - inklusive Preis angezeigt. Er kann das Passende auswählen und per Klick Freighthub mit der ­Abwicklung des Transports beauftragen.
Dafür arbeitet Freighthub mit einer Vielzahl von Partnern zusammen. Neben den 14 grössten Reedereien, darunter Hamburg Süd, Maersk und Evergreen, ist eine Container-Spedition mit an Bord, dazu Partner für die Zollabwicklung und Transportversicherungen. 

Kosten: 10 bis 20 Prozent vom Auftragsvolumen

Ziel ist ein transparenter Preisvergleich in Echtzeit und eine automatisierte Abwicklung ohne viel manuelle Vor- oder Nacharbeit über einen verantwortlichen Anbieter. 
Natürlich hat das Ganze seinen Preis: Je nach Grösse und Häufigkeit der Aufträge verlangt Freighthub die branchenüblichen zehn bis 20 Prozent vom Auftragsvolumen. Gedacht ist das Angebot für kleine und mittlere Kunden, die einen bis 500 Container pro Jahr verschiffen. Momentan verzeichnet das Start-up eine mittlere zweistellige Anzahl von Kunden, bis Jahresende sollen es mehr als hundert sein. Vor allem E-Commerce-Unternehmen ­seien sehr dankbar für ein digitales Interface. "Die ­Digitalisierung der Logistikindustrie ist global eines der ganz heissen Themen für die nächsten zehn bis 20 Jahre", ist Heilemann überzeugt. 

Bildergalerie
Bei Speditionen und Reedereien prägen Telefon, Fax und E-Mail noch viele Prozesse. Immer mehr Start-ups forcieren jetzt die Digitalisierung der Logistik-Branche - hier eine Auswahl.





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